Berliner Zustände und Persönlichkeiten etc.
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pflegen, kennt man dort nicht, sondern in der Absicht, die Verbrecher, statt sie zu bestrafen, auf bessere Wege zu bringen, gibt man ihnen Purganzen und Vomitive. Niels sieht einen Sträfling, der, weil er mehrere schlechte Bücher verfasst hat und durch Gesetze und Verbote seinen Autorkitzel nicht hat zähmen lassen, der öffentlichen Kur anheimgefallen ist und an jenem Tage die fünfzehnte Dosis hat einnehmen müssen.
Diese Stelle des Holbergschen Werkes hat Mylius in seiner Bearbeitung zu Angriffen auf zeitgenössische Schriftsteller benutzt. Bei ihm sieht Niels Klimm drei solcher Missetäter, die folgendermassen charakterisiert werden.
„Der Missetäter mit dem düstern Blick und der platten Markthelferphysiognomie, worin Dünkel und bärenartiger defensiver Trotz sehr kenntlich ausgedrückt sind, ist der Fürst aller geistlosen Skribler, der bald die Porträts von Kaisern, von Königen und grossen Feldherren, bald von Frauenzimmern, edel von Geburt oder von Herzen, in den allerpossierlichsten Farben hinkleckt, bald, von Musterschreibern und Profossen aufgefordert, die der Freche für Stabsoffiziere auszugeben sich nicht ent- blödet, die Ileereskraft benachbarter und weit entlegener Mächte, in dicken Bänden, mit derben Fehlern und Unrichtigkeiten durchspickt, zusammensummiert, bald würdige Verstorbene nicht in Ruhe lässt, ihnen seine Freundschaft und Gedichte anlügt, die vorlängst zum Schofelarchiv bestimmt waren. Seine Schreibewut hat weder der kritische Areopagus zu Nilreb noch der zu Anej bändigen können, vergebens hat der wackre Rednas die satirische Geissei über ihn geschwungen, vergebens die Obrigkeit Warnungen und Mandate gegen ihn ergehen lassen. Vor kurzem hatte er die Unverschämtheit, mit gewaltigem Geräusch eine Klapperjagd gegen die Kunstrichter anzustellen. Das machte denn das Mass seiner Sünden voll.“
Der hier von Mylius hart mitgenommene Literat ist Ad. Fried. Geisler d. J., der Staatsgeschichte und Rechte Beflissener zu Leipzig, geb. zu Rahmsdorf im Stifte Zeitz 1758, wie seine bei Hamberger-Meusel im Gelehrten Teutschland Bd. 2 S. 512 aufgezählten Schriften und eine Rezension in der Allgemeinen Literaturzeitung (1788 T, 243) verglichen mit den Anspielungen bei Mylius deutlich erkennen lassen. Auf folgende seiner Schriften bezieht sich Mylius’ Tadel: Leben und Charakter Leopolds, Herzog von Braunschweig 1786, Leben und Taten des Generals Haus Joachim von Ziethen 1787, Gallerie edler teutscher Frauenzimmer mit Schattenrissen (Halle 1784—88), Allerneuester Zustand der Kurf. Säclis. Armee auf 1781 (Halle 1781), Allerneuester Zustand der Hannoverschen Armee (Halle 1781), Geschichte und Beschreibung des Kurf. Säclis. Infanterie-Regiments Graf Anhalt (Halle 1782), Geschichte und Zustand der Grossbritannischen Kriegsmacht (Dessau und Leipzig 1784).