Heft 
(1904) 13
Seite
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Berliner Zustände und Persönlichkeiten etc.

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Anzahl, deren unsre besten Journale sich nicht rühmen können. Der Di'uck dieses Journals nahm seinen Anfang. Nie hat man einen abge­schmackteren kriippelhafteren Plan geselin, nie eine mehr sclinitzervolle, holprige, unpotuaniscliere Schreibart, nie unrichtigere, falschere Sätze, Schlüsse und Folgerungen, nie schiefere Urteile, absurdere Behauptungen und Meinungen, nie unerträglichere Egoismen, grössere Kompilationen, mehr auffallende, gehäuftere Widersprüche, klareren Unsinn und ekel­haftere Zoten, die gleich jede ehrbare weibliche Seele zurückstossen mussten. Plötzlich trat der Edle von Gnossirg selbst auf die Scene und gab sich für einen unschuldig Geächteten, Gestürzten, mit Hinterlist von Stadt zu Stadt Verfolgten aus, da er doch nur die gelinde Strafe eines fast ehrlosen Anschlags litt. In der Wärme, worin er bei seinen Deklamationen geriet, verschob sich die Damenmaske ein wenig. Dennoch ging das Ding eine gute Zeit fort, bis das hohe Tribunal zu Anej, das so wenig den Manu von schlechtem Herzen als den Schriftstellerling duldet, alle seine Schliche aufdeckte und ihn gänzlich entlarvte. Als Mann ist er ein jämmerlicher Staatsmarktsclireier, der seine höchst dürftigen politischen Kenntnisse in einen elenden Schnickschnack und seine unlauteren Absichten in den Mantel des Biedermanns hüllt, der mit ziemlich dürren Worten sich zum Premierminister oder Instruktor eines Fürstensohnes anträgt, der sich die Miene gibt, als lausche er an den Türen aller Kabinette der entferntesten Mächte, als habe er ganz den adlerscharfen Überblick eines Kauniz und als könne er in einem Hui den Ruf der Regenten gründen und zernichten. Auf diese sowohl als auch auf die würdigsten Männer und Schriftsteller der Nation tut er gar häufig banditenmässige Ausfälle.

Einer der männlichsten Ritter legte vor kurzem seine goldne Lanze, die schon Männer in grosser Anzahl zu Boden gestreckt hat, gegen ihn ein, aber plötzlich besann er sich, dass das Zwerglein eines so ehrenvollen Todes nicht wert sei ujkI Hess ihn laufen. Dafür schwur ihm denn der Wicht unauslöschliche Rache und sobald er nur seinen Namen hört, stellt er sich ganz ungeberdig. Vor kurzem hat er die Bildsäule des grössten Mannes unter den Königen, den es seit mehreren Jahrtausenden auf unserm Planeten gegeben, mit der Zügellosigkeit des ausgelassensten Gassenbuben verstümmelt und besudelt. Nun hielt ihn die Obrigkeit zur Strafe reif und wird ihn, wenn die gegenwärtige Kur nicht anschlägt, hinbringen lassen, wo er eigentlich hingehört ins Hospital der Unheilbaren trotz­dem, dass er halblaut der Sohn einer erhabnen Monarchin zu sein behauptet.

Mylius hat hier über die Persönlichkeit des Angegriffenen durch Nennung des nur wenig verstellten Namens keinen Zweifel wollen auf- kommen lassen.