Heft 
(1904) 13
Seite
16
Einzelbild herunterladen

16

Berliner Zustände und Persönlichkeiten etc.

Der Edle von Gnossirg ist der Edle von Grossing oder vielmehr, da er sich den Adel fälschlich angemasst und seinen Namen verändert hatte, Franz Matthäus Grossinger, einer der schlausten Gauner und Betrüger seiner Zeit. Er war 1752 zu Comorn in Ungarn als der Sohn eines bürgerlichenFleischhackermeisters geboren, wurde im Jesuiten­kollegium zu Ofen erzogen, ging nach der Auflösung des Ordens nach Wien, wo er auf Empfehlung einer hochgestellten Persönlichkeit von Maria Theresia zum K. K. Hofsekretär mit einem Gehalt von 700 Gulden ernannt wurde.

Nach dem Tode dieser Fürstin, als deren Sohn er sich später aus­gab, wurde sein Gehalt eingezogen, da er nur Titularliofsekretär war, und er bald darauf wegen böswilliger Verleumdung gerichtlich seines Titels als Hofsekretär verlustig erklärt, jawegen Dukatenbeschneidung aus allen K. K. deutschen Erbländern abgeschafft. Nun begab er sicli auf Reisen und lebte von einem ehrlosen Handel, indem er Abschriften und Nachrichten vom Wiener Kabinett mitteilte. Auch Friedrich dem Grossen suchte er sich auf diese Weise zu nähern, aber Friedrich ant­wortete: Je ne veux pas les secrets de tel homme. Daneben widmete er sich der Schriftstellerei: er schrieb u. a. Allgemeines Toleranz- und Religionssystem für alle Staaten und Völker in der Welt, Leipzig 1784 und Pabstengeschichte im Grundriss. Bei dem letzteren machte er es wie später gewöhnlich, er gab als seine Leistung aus, was gar nicht von ihm stammte. SeinePabstengeschichte war die Übersetzung eines französischen Werkes von Linguet, Rendez ä Cesar ce qui appar- tient ä Cesar ou Introduction ä une nouvelle histoirie pliilosophique des Papes. Da aber die literarischen Arbeiten ihm geringen pekuniären Ertrag brachten, sann er auf andere Mittel, sich Geld zu verschaffen.

Die damals in Deutschland verbreitete Vorliebe für geheime Ge­sellschaften brachte ihn auf den Gedanken, eine Art Freimaurerorden für Damen, den Rosenorden, zu gründen. Der Zweck desselben sollte Beförderung des allgemeinen Glücks der Menschheit, Erziehung der schöneren Hälfte der Erdenbewohner, Verpflegung verlassener Witwen, Versorgung trauernder weiblicher Wesen sein.

Er bediente sich des Kunstgriffes, die Ehre der Gründung nicht sich selbst, sondern einer Dame, einer gewissen Frau von Rosenwald, beizulegen, die bei Halle a. d. Saale wohnen sollte, aber nur in seiner Einbildung existierte. Er nannte sich den immerwährenden Sekretär des Rosenoidens und legte sich jetzt den Rang eines Barons bei.

Auch eine Zeitschrift wurde für den Orden gegründet, das Damen­journal (Halle 1784 uud 1785), welches angeblich von den Mitgliedern