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Berliner Zustände und Persönlichkeiten etc.
Nach Verlauf von 8 Monaten kommt Niels Klimm sehr ermüdet in Potu wieder an. Sein Reisejournal wird gedruckt und sehr gelobt. Um sich aus seiner niedrigen und, wie er meinte, unwürdigen Stellung emporzuarbeiten, stellt Niels Klimm den Antrag, alle Frauen und Mädchen von öffentlichen Ämtern zu entfernen. Derartige Neuerungsanträge schafften, wenn sie angenommen wurden, dem Antragsteller hohe Ehre, wurden sie aber abgelehnt, so hatten sie harte Strafe zur Folge. Da Klimms Antrag verworfen wurde, traf ihn die Strafe der Verbannung und zwar sollte er mit anderen Gesetzesübertretern von den Kujaks oder Postvögeln, riesenhaften Vögeln, die zu bestimmten Zeiten nach Potu kamen, nach dem Firmament befördert werden.
Dies geschieht und Niels kommt hier in das Land der Affen; er gelangt durch Erfindung der Perrücke zu hohem Ansehen, wird aber wieder gestürzt, macht als Galeerensklave weitere Reisen durch die wunderbarsten Länder, erleidet Schiffbruch, kommt zu dem unzivilisierten Volke der Quamiten, die er zur Zivilisation führt und deren König er wird. An der Spitze dieses seines Volkes macht er grosse Eroberungen und gründet die fünfte Weltmonarchie, verscherzt aber durch eigene Schuld die Anhänglichkeit seiner Untertanen, die ihn zur Flucht zwingen. Er rettet sich in eine Höhle und gelangt durch diese wieder auf die Erde und in seine Vatei’stadt Bergen.
Auch dieser zweite Teil enthält mancherlei Anspielungen auf Berliner Verhältnisse und Persönlichkeiten, unter andern auf das Berliner Theater und den Streit wegen des Po ratschen Gesangbuches und klingt in einen Hymnus auf Friedrich den Grossen aus.
Gestatten Sie mir zum Schluss einige wenige Worte über die Tendenz und den Wert der Myliusschen Schrift.
In dem verzweifelten Ringen, das bald nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms II. zwischen den Aufklärern und Muckern anhob, hat Mylius, wie Sie deutlich gesehen haben, auf Seiten der Lichtfreunde gestanden, hat auch, was bei meinen Ausführungen aus begreiflichen Gründen zurückgetreten ist, gegen die zu seiner Zeit in Berlin herrschende Sittenlosigkeit furchtlos angekämpft. Seine Kampfesweise mutet uns nicht sonderlich an. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass bei andauerndem Kriegszustände die Sitten verwildern — es war aber ein geistiger Vernichtungskrieg, der damals geführt wurde — und dass der von ihm angeschlagene Ton der allgemein übliche war. Gewollt hat er das Beste. Und ist er auch gleich seinen Mitstreitern unterlegen, wir dürfen ihm nachrühmen: Er war ein unerschrockener Kämpfer für Geistesfreiheit und Menschenrechte.