Heft 
(1904) 13
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15. (7. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.

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Hoffmann, ferner Prof. Dr. Johannes Bolte hier, Prof. Adolf Strack- Giessen u. andere mit folgendem Aufruf ein:

Schon längst ist von den verschiedensten Seiten die Forderung eines engeren Zusammenschlusses der volkskundlichen Vereine und Forscher er­hoben worden. Die immer wachsende Ausdehnung der volkskundlichen Arbeit, das fortwährende Neuentstehen von Vereinen und Zeitschriften ist gewiss ein erfreuliches Zeichen des starken Interesses, das unseren Be­strebungen entgegengebracht wird; aber diese Entwickelung führt die Gefahr der Zersplitterung und Vereinzelung mit sich. Im Interesse sowohl der ge­lehrten Forschung als auch der praktischen Arbeit der Vereine und Einzelner liegt es, dass zwischen den über das ganze deutsche Sprachgebiet zerstreuten Arbeitern innigere Beziehungen als seither hergestellt werden, etwa in der Weise, dass sie sich zu einem grossen Verbände nach Art des Gesamtvereins deutscher Geschichts- und Altertumsvereine zusammenschliessen. Die völlige Selbständigkeit der einzelnen Vereine und ihrer Arbeit würde dadurch in keiner Weise angetastet werden, wohl aber könnten durch freiwillige Ver­einbarungen viele Schwierigkeiten, die bei dem jetzigen Zustand einer ge­deihlichen Weiterentwickelung der Volkskunde und der Organisation und weiteren Ausdehnung ihrer Arbeit in den deutschen Landen im Wege stehen, mit Leichtigkeit beseitigt werden.

Praktisch würde ein solcher Verband sich etwa in folgender Weise betätigen können:

1. Die Vereine tauschen, soweit dies irgend möglich erscheint, ihre Veröffentlichungen unter einander aus.

2. Es finden regelmässige Zusammenkünfte der volkskundlichen Forscher und der Abgeordneten der einzelnen Vereine statt (jährlich oder alle 2 Jahre), die die Erörterung wissenschaftlicher und praktischer Fragen in Vorträgen und Verhandlungen bezwecken.

3. Je nach Wunsch und Bedarf schliessen sich an diese Versammlungen grössere Kongresse an, die durch geeignete Veranstaltungen das Inter­esse weiterer Kreise zu erregen und sie für die Sache der Volks­kunde zu gewinnen suchen. Ort und Zeit mögen mit Kücksicht auf andere ähnliche Veranstaltungen gewählt werden.

4. Ein Zentralorgan (eine der bestehenden Zeitschriften oder ein Korrespondenzblatt) bringt Mitteilungen über die Arbeit der einzelnen Vereine oder Forscher, berichtet über die Verbandsversammlungen, veröffentlicht Umfragen und pflegt in jeder Weise die Beziehungen zwischen den Vereinen und Forschern. Umfragen und Mitteilungen, denen weiteste Verbreitung gewünscht wird, könnten aus dem Zentralorgan leicht von den anderen volkskundlichen Zeitschriften übernommen werden.

5. Auch grössere Aufgaben wissenschaftlicher Art, wie z. B. planmässige bibliographische Zusammenstellungen, könnte ein Verband in An­griff nehmen.

AmB. April d. J. soll die auch die Brandenburgia interessierende Sache in Leipzig in freier Aussprache erörtert und vorbereitet werden.