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Die Schützengikle zu Oderberg i. M.
wegen umschliessenden Plankenzaun zu besetzen hatten, daher für diese Kategorie der etwas verächtlich klingende Name Spiess- oder Pfahlbürger aufkam.
lin Jahre 1705 besuchte der gütige König Friedrich 1 von Alt- Landsberg eintreffend Oderberg, um die hier entstandenen Neubauten an der Festung zu inspizieren. Dabei wurde auch die zur Hebung der Stadt angeordnete Erschliessung der Liegenschaften des alten St. Marienhospitals durch einen neuen Strassenzug besichtigt, der zu Ehren des Königs den Namen Friedrichstrasse führen sollte.
Die Oderberger Festung, der alte Bärenkasten, von dem aus das starke Stettin seit Jahrhunderten eingekreist worden, wobei auch die Schützenmiliz mitwirkte, wurde durch Einverleibung Pommerns entbehrlich. Der zweite König, Friedrich Wilhelm I war überdies kein Freund des Stadtsoldatentums und ähnlich wie bei den Zünften und Innungen beschnitt er im Jahre 1713 stark die Rechte und Obliegenheiten der Schützenkompagnien und beliess ihnen nur die Bedeutung von privaten Vergnügungsvereinen. Daran änderte der nachfolgende König Friedrich der Grosse auch nichts weiter, denn seine Feinde erforderten stets tüchtige Berufssoldaten, was die Schützen eben nicht sein konnten.
Erst nach dem Unglückskriege von 180(5/7 wurde infolge der Prenzlauer Katastrophe das patriotische Gefühl hier ganz besonders rege und hat wohl manche absonderliche Blüte getrieben, aber der gute Wille, dem Vaterlande und Könige treu zu dienen war unverkennbar. Die Gildeübungen wurden nach dem Jahre 1808 besonders eifrig betrieben, man hoffte im Stillen auf den Tag des Losschlagens, wnrde hierdurch bald verdächtig, sodass zwei Jahre später nur noch alljährlich ein Schiessfest erlaubt war. Das Strafgericht in Russland und der Aufruf an mein Volk im Jahre 1813 versagten hier die Wirkung nicht, man zog begeistert gegen die Franzosen und bewies praktisch die heimlich erlangte Ausbildung. Von 1814 ab wurden die regelmässigen Schiessen wieder abgehalten und eine ununterbrochene Reihe von Erinnerungsdenkmünzen giebt davon Kunde.
Aber auch in neuerer Zeit hat es der Gilde an Huldbeweisen seitens des Königshauses nicht gemangelt. Besonders gnädig zeigte sich der um Oderbergs Hebung sehr verdient gewordene König Friedrich Wilhelm IV, dem die Stadt Einschränkung der Oderüberschwemmungsgefahren, eine neue prachtvolle Kirche und schliesslich im Jahre 184(5 das schöne Schützengrundstück zu verdanken hat. Ein Jahr darauf baute die Gilde das zweigeschossige Schützenhaus und erlangte sodanu durch Königliche Gnade das Recht einer Korporation, alles zu einer Zeit, wo allenthalben Misstrauen gegen die Regierung emporwucherte.