Heft 
(1904) 13
Seite
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20. (0. ordentliche) Versammlung des XII. Vereinsjahres.

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XV. Karl Möbius: Die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel ästhetisch betrachtet. Dank der im guten Sinne natura­listischen Bewegung in der Kunst hat sich im letzten Jahrzehnt die ästhetische kunstgewerbliche Betrachtung, namentlich unter dem Einfluss japanischer Vorbilder, der Vogel- und Pflanzenwelt zugewendet. Unser Ehrenmitglied Cleheimrat Prof. Dr. Karl Möbius weist in dem in der Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse hiesiger Akademie der Wissenschaften am 11. Februar 1904 gehaltenen Vortrag auf die Anmut der Vogelwelt hin. Wir bewundern, wie der gefeierte Verfasser auch hier wieder streng wissenschaftliche Sachlichkeit mit Frische und;Eleganz. der Darstellung zu verbinden versteht.

XVI. Ueber den Hamster, der uns wiederholt beschäftigt*), feilt mir der io naturkundlichen Kreisen geschätzte Herr Bruno Noack folgendes mit: Hämsterplage. Zu Abschnitt VI derBrandenburgia* 1904 No. 10 erlaube ich mir, folgende Bemerkungen zu machen.

ln den Jahren 1893/95 zeigte sich der Hamster (Cricetus frumen- tarius Pallas) in den Gemarkungen Görlsdorf, Frankendorf und Gar- renchen, Kreis Luckau, in so grossen Scharen, dass ein Vernichtungs­krieg im grossen Stile geführt werden musste, wenn nicht ein beträcht­licher Teil der Ernte vernichtet werden sollte. Man brauchte nur einen kleinen Ackerplan zu durchschreiten, um auf eine ganze Anzahl der charakteristischen senkrechten Bohrlöcher von ca. 8 cm Durchmesser zu stossen, die den Zugang zum Hamsterbau bilden. ' r

Hätte man sich hier nur. durch Ausgraben helfen wollen, so wäre das streckenweise einem vollständigen Rigolen gleichgekommen.

Das von der Gutsverwaltung und den Bauern angewandte Ver­tilgungsmittel war ebenso einfach wie wirksam. Man fuhr mit Jauche- 1 fässern Wasser auf die bedrohten Felder und füllte davon in jeden Bau* drei, vier und mehr Kannen, bis diese Stindflut die Insassen zwaiigpdie unterirdischen Kornkammern zu verlassen. Leicht scheint dem Hamster die Trennung von seinen Schätzen nicht zu werden, denn wenn das Wasser auch schon bis an den Rand des Loches steht, so vergeht noch immer einige Zeit, ehe er an der Bildtläche erscheint, um dann beim Anblick der Menschen noch einmal hinabzutauchen. ' u

Da unten aber ists fürchterlich, und es bleibt ihm schliesslich doch nichts weiter übrig, als wutschnaubend herauszustürzen und sich mit Knütteln erschlagen zu lassen.

Die Todesnot macht ihn, wie wohl die meisten Tiere, tollkühn; er soll nicht nur fauchen, sondern sich auch bisweilen bei seinen Verfolgern festbeissen, doch habe ich persönlich nie gesehen, dass er seine Wut an einem Menschen ausgelassen hat.

*) Vgl. Brandenburgs XII, 301.