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1. (1. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres.
Nahe dem llolsteinschen rechten diluvialen Elbuferrande unterhalb Hamburg, in einem Einschnitt des bekannten bei Blankenese belegenen hohen Süllbergs, Weg nach dem Falkental, zog ich am 4. April d. J. aus der abgestochenen interglaziären Kieswand die Ihnen hiermit vorgelegten eolithisch zerarbeiteten Feuersteine, etwa 25—30 m unter Terrain.
Ausserdem hat mir u. M. Herr Dr. Runze mehrere am Roten Kliff auf Sylt gesammelte Feuersteine, Knollen mit Abschlägen, die ich ebenfalls auf eolithische Technik beziehen möchte, geschenkt, die ich ihrer Prüfung ebenfalls unterwerfe. Ich habe am und auf dem Roten Kliff in verschiedenen Jahren vielfach gesammelt, auch Feuersteiuknollen, die angeschlagen und deren Zacken zum Teil abgeschlagen waren, in der Hand gehabt, zuletzt i. J. 1888, sie aber nicht besonders beachtet, weil damals allgemeines Mistrauen gegen das Vorkommen von'Palaeolithen in Norddeutschland herrschte und die tertiären eolithischen Kulturbeziehungen noch so gut wie unbekannt bei uns waren.
Es treten zu den Eolithe-Landschaften nach meinen Ermittelungen also noch hinzu die Provinz Hannover bei Stade an der Schwinge, der Regierungsbezirk Holstein hinsichtlich des Süllberg—Blankenese und der Regierungsbezirk Schleswig wegen der Insel Sylt.
Ehe ich dies Thema verlasse, mache ich Sie noch einmal auf die überaus sorgfältigen und ergebnisreichen Untersuchungen des Dr. Hahne inbetreff der Eolithe in der Elbgegend von Magdeburg und in der Altmark aufmerksam.
Aus letzterer Landschaft hat mir Herr Pfarrer Kluge in Arneberg mitgeteilt, dass er in der Nachbarschaft Eolithe gefunden habe, ich hoffe, dass er uns solche zur Ansicht zusenden wird.
Als vorläufiges Ergebnis über die Lagerung der im Diluvium vorkommenden, nach tertiär-eolithischer Art (Industrie tertiaire eolithique) vom Urmenschen zerarbeiteten Steine glaube ich speziell hinsichtlich unserer Heimat zur Zeit Folgendes sagen zu dürfen.
Die Eolithe scheinen hauptsächlich in groben Kies- und Rollsteinschichten vorzukommen, die als Ergebnis des Zusammentragens von Rollsteinmaterial durch wiederholt in Tätigkeit getretene Abschinelz- wässer aufzufassen sind. Sie bilden Horizonte, die zeitweilig freigelegen haben mögen und dann vom Urmenschen betreten wurden. Die meisten hier vorkommenden Eolithe sind aber leider deformiert. Das will sagen: erstens beim Hin- und Herrollen in heftig strömenden Wässern bestossen und abgeplatzt. Zweitens durch Wasser und Sand im nassen Zustande sowie drittens durch Wind und Sand im trockenen Zustande belieben. Hier liegen die Eolithe oft so dicht aneinander, dass es den Eindruck macht, als seien sie von Menschenhand bei der Benutzung zum Hauen, Klopfen, Drehen, Bohren, Schaben u. s. w. an einigen Stellen zusammengetragen.