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1. (I. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres.
Dies Gemälde hat jetzt die Firma Meisenbach, R ft'arth & Co. photographisch aufgenommen und als Photogravure vervielfältigt. Da das Bild auf diese Weise eine grössere Verbreitung — wohl auch als Zimmerschmuck — finden dürfte, so erscheint seine Vorlage und Erläuterung angebracht.
Als wichtigste Unterlagen für den Entwurf des Bildes boten sich der Memhardtsche Plan von 1648 aus Merians Topographie und eine von Merian selbst aufgenommene Ansicht Berlins aus dem Jahre 1640. Während Merian nach der Natur von einem kleinen Hügel aus, der etwa auf der Stelle des Finanzministeriums lag, gezeichnet hatte, stellte Müller sein Bild so dar, wie er es sich von der Stelle des Zeughauses aus, aber aus einer Höhe von ungefähr 60—80 Meter, dachte. Dabei hat er Einzelheiten gleichwohl nicht immer nach Merian wiedergegeben, weil dessen Zeichnung wenigstens bezüglich des Hintergrundes erhebliche Mängel zeigt.
Aus dem Memhardt’schen Plan, in den die Stadtmauern, die Mauer- und Tortürme, Kirchen, Rathaus, Schloss und einige andere Gebäude aus der Vogelperspektive von der Stelle des jetzigen Opernplatzes aus eingezeichnet sind, hat Müller im wesentlichen auch seine perspektivischen Zeichnungen dieser Bauwerke entnehmen können. Daneben Hessen sich auch spätere Bilder von Bauwerken benutzen von denen mau wusste, dass sie von 1648 bis zum Erscheinen der Abbildung keine erhebliche Veränderung erlitten hatten. Und soweit solche Ansichten nicht der im Bilde angenommenen Himmelsrichtung entsprachen, konnten die Beschreibungen von Küster und von Nicolai zur Ergänzung benutzt werden.
Betrachten wir nun Einzelheiten des Bildes, so sehen wir im Vordergründe den linken Spreearm mit der Hunde- (jetzt Schloss-) Brücke, dahinter den Kurfürstlichen Lustgarten. Dieser nahm beim Regierungsantritt des grossen Kurfürsten nur den vorderen Teil am Schloss ein (ungefähr der heute asphaltierte Platz) wie auch noch die Merian’sche Ansicht zeigt. Das Gebäude, das auf dieser Ansicht den kleinen Lustgarten verdeckt, ist das später beseitigte „Ballhaus“. Auf dem Grundriss, wie auf dem Müller’schen Bilde ist der Kurfürstliche Lustgarten bereits in der Vergrösserung zu sehen, die der Kurfürst um 1646 bis zu der Stelle des heutigen Kaiser Friedrich-Museums hatte vornehmen lassen, auch das Lusthaus, später „Grotte“ genannt, ist bereits fertig.
An den Lustgarten schliesst sich rechts das Kurfürstliche Schloss, vor demselben der noch freistehende Lynar’sche Mittelbau und die Mauern des Schlosshofes mit der „Wasserkunst“, dem hohen schweren Turm, dessen von König Friedrich I. verlangte Erhöhung bekanntlich zu Schliiter’s Fall Veranlassung gab. Neben dem Schloss, auf dem Schlossplatz, erscheinen die früheren Dominikaner-Klostergebäude mit der seit der Reformation zum Dom erhobenen ehemaligen Klosterkirche.