2. (1. ausserordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres. 155
Berlin bedauerlicher Weise nur der gedachte Nieder-Scliönhausener Schlossgarten noch übrig bleiben.
Für alten humusreichen Waldboden zeugen auch zwei charakteristische Laubschnecken, die ich Ihnen hiermit vorstelle, die Sie übrigens bereits aus früheren Vorführungen in der Brandenburgs als alte Bekannte kennen. Da ist, wie Sie sehen, besonders häufig hier im Killisclisclien Park, gleich wie in allen alten grösseren Gartengrundstücken Pankows und Nieder-Schönhausens die grösste deutsche Landschnecke, die essbare Weinbergsschnecke, Helix pomatia, von der man, da sie in allen älteren Ablagerungen bei uns fehlt, mit Recht annimmt, dass sie erst im christlichen Mittelalter, wahrscheinlich als Fastenspeise von der katholischen Geistlichkeit eingeführt ist.*) In Süddeutschland und der Schweiz wird sie noch jetzt vielfach gegessen und auf kleinen von Wasser umflossenen Schneckenbergen gezüchtet. Der sog. Schneckenberg im Killisclisclien Park hat hiermit aber nichts zu tun, er ist künstlich auf- gescluittet und der Weg führt in schneckenhausartigen Windungen hinauf. Daher der Name Schneckenberg. In Berlin scheinen die zum Teil aus Süd-Frankreich eingewanderten Refugies die Weinbergsschnecke wie in ihrer gallischen Heimat anfänglich verzehrt zu haben; nach 1750 etwa ist diese Sitte in Berlin verschwunden, die durch Gehäusehaufen in alten Küchenabfällen bezeugt wird.
Daneben finden Sie hier die auf besserem Boden der Mark uralteinheimische Gartenschnecke, Helix hortensis, mit weissem Mundsaum, vorkommend hier an allen Fundorten der Helix pomatia. Diese Schnecke fehlt z. B. im Tiergarten zu Berlin durchaus. Dagegen ist daselbst noch ebenso wie hier in Pankow die nächste Verwandte Helix nemoralis, die Hainschnecke, mit braunem Mundsaum vorhanden, deren östliche Verbreitungsgrenzlinio in Norddeutschland durch Neuvorpommern geht. Weiter östlich, also in Berlin und der ganzen Umgegend, ist diese hübsche Laubschnecke jedenfalls erst durch gärtnerische Kulturen eingeführt und allmählich verbreitet worden.
*) Ein sicherer Beweis dafür, dass Helix pomatia erst von den Christen eingeführt ist, ergibt sich aus den zahlreichen slavischen Burgwällen der Provinz Brandenburg, die etwa von 900 bis 1150 n. Chr. errichtet sind und teihveise auf germanischer vorwendischer Grundlage ruhen. In den Aufschüttungen dieser Burgwälle oderBorchelte, Burgställe nsw. kommen ungeheure Mengen von Landkonchylien vor, wie das ausser mir Herr Direktor Dr. Otto Beinhardt, Herr Geheimrat Dr. Eduard von Martens und andere namhaftere Weichtierkenner festgestellt haben. Niemals ist darunter ein Exemplar der wegen ihrer bedeutenden Grösse doch unmöglich zu übersehenden Helix pomatia gefunden worden. Erst kürzlich, am besagten 30. April 1904 untersuchten Herr Monke und ich darauf hin den nahe Pankow an der Panke belegenen wendischen Burgwall von Blankenburg, den früher schon unser Mitglied Herr Hermann Maurer durchforscht; von der Weinbergsschnecke zeigte sich keine Spur.
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