Heft 
(1904) 13
Seite
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7. (5. ausserordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres.

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und wir können uns gewiss alle noch nicht mit dem Gedanken befreunden, dass dasselbe dem Abbruch und Untergange geweiht sein soll. (Der Redner wiederholt nunmehr in Kürze dasjenige, was er unter der Über­schriftder Abbruch der Heiligen Geistkirche in der Sitzung vom 30. März d. J. unter Nr. XXIII gesagt und macht auf die dem Abdruck des Sitzungsprotokolls beigegebene Abbildung der Kirche aufmerksam.*)

Über die Geschichte der Kirche selbst wird Herr Kustos Buchholz nach mir reden, ich will nur die Umgebung und deren Entwicklung besprechen.

Aus demPlan des Heil. Geist-Viertels, wie es in Anno 1720 vor Zerspringung des Pulverthurns ausgesehen (Joh. Frid. Walther delin. G. P. Busch sculpsit) ersehen Sie, wie die Heilige Geist-Gasse als Wursthof bis zur Burgstrasse verlief und wie der Pulverturm, dessen Auffliegen auch die Heilige Geistkirche beschädigte, schräg gegenüber derselben und gerade gegenüber der Garnisonkirche an der Ecke der Spandauischen und Wallstrasse (jetzt Spandauer und Neuen Friedrich­strasse) stand. Auf dem Sotzmannschen Plan von 1804 ersehen Sie, dass in der Burgstrasse nach Süden das Joachimsthalsche Gymnasium und die Ritterakademie**) folgte. Bei Gelegenheit des Baus der jetzigen Börse und ihrer Erweiterung, welche die Kassierung des ehemaligen Wursthofs (verlängerte Heil.-Geistgasse) unter Herstellung der Sankt Wolfgangsstrasse***) zur Folge hatte, und beim Neubau der Häuser an der Burgstrasse bis zur Kaiser Wilhelmstrasse sind gelegentlich der Fundierungsarbeiten regelrechte, durch Feuer zu Grunde gegangene Pfahl­bauten der ältesten Berliner Bevölkerung bis in die wendische Vorzeit reichend gefunden worden, aber auch noch viel ältere vorslavische Spuren: bearbeitete Feuersteine, Geweihe und Knochen, welche auf die semnonisch-germanische Urbevölkerung zu beziehen sind. Andrerseits liegt über der slavischen Schicht eine Aufhöhung aus dem ältesten christlich-deutschen Mittelalter herrührend, namentlich durch viele Gefäss- reste und allerhand Eisengerät charakteristisch gekennzeichnet.

Es ist kein Wunder, dass sich bei dieser reichen Vorgeschichte auch die Sage der Örtlichkeit und zwar speziell des Heiligen Geistkirch­hofes bemächtigt hat, der anfänglich viel grösser war und sich bis an

*) Vgl. hierzu den interessanten Aufsatz von Professor Peter Wallö im Zentralblatt der Bauverwaltung vom 23. April 1904Zur Erhaltung der Heilig­geistkirche in Berlin mit Plänen und Grundrissen, S. 214216, den ich in unserer Sitzung am 27. April 1904 besprochen. E. Fr.

**) An deren Stelle später die Kriegsakademie.

***) Der Name ist vom Kaiser Friedrich, damals noch Kronprinz, zum Ge­dächtnis der St. Wolfgangs-Gilde i. J. 1885 in Vorschlag gebracht woren. Brandenb. VI. 28.