Heft 
(1904) 13
Seite
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14. (4. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres.

lang geratenen, langweilig dahintrottenden Gaul vorgeführt, auf dem, an Stelle des in Wirklichkeit elastischen und majestätischen Kaisers, ein uni­formiertes Modell leblos dasitzt und eher einen müden Feldgendarm als die Siegfriedsfigur des gepanzerten Siegers von Wörth veranschaulicht.

Der Standort des Denkmals markiert die nördliche Spitze der so­genannten Museumsinsel und der Kaiser reitet fürbaß gleich Dürers Ritter, doch ohne Tod und Teufel, der Eingangshalle des Museums zu, was sich hier vielleicht nicht leicht anders machen ließ, aber keineswegs auf den Be­schauer einleuchtend wirkt, ebensowenig wie die Einsperrung des Schlü- terschen Großen Kurfürsten natürlich einer Kopie des Brückenmonumcntes in der vordem Kuppelhalle des Gebäudes. Hier, auf diesem dreieckigen Stück Erde, das südwärts durch das Gemäuer der Stadtbahn, seitlich durch Spree und Kupfergraben begrenzt wird, erhebt sich in monumentalen Spät­renaissanceformen der zweistöckige Bau, den eine kraftvolle Attika ringsum und je eine halbrunde Kuppel am Eingang und Ausgang der Mittclaxc krönen. Welche bösen Vorwürfe hat man in den Spalten der Tagesblätter auf das zwischen 1898 und 1904 entstandene Werk Ihnes gehäuft, mit ab­sichtlicher Betonung des Hoftitels dieses ernsten Baukünstlers! Welche großen und unverzeihlichen Fehler haben einzelne besonders kundige Kri­tiker in jenem Brustton verkündet, der auf eigene tiefgründige Anschauung schließen lassen sollte! Und dennoch merkte alle Welt genau, daß die klugen Herren zuvor heimlich hingehorcht hatten auf das absprechende Signal einer gefeierten Autorität, noch dazu einer, die an der Spitze der Sammlungen dieses Museums steht und daher vor anderen berechtigt erschien, zu be­urteilen und zu wissen, wie mannigfach der kaiserliche Architekt in der räumlichen und formalen Ausgestaltung der Anlage gesündigt habe.

Nun, wir sind doch etwas abweichender Meinung über die beiden Punkte. Wir urteilen zunächst, daß Oberbaurat Ihne, der die Ungunst dieses dreieckigen gedrängten Bauplatzes am Wasser freilich nicht verschuldete wie einige zu glauben sich den Anschein geben jedenfalls seine besonders erschwerte Aufgabe in relativ vollendeter Weise zu lösen verstand. Er hat für die verschiedenen, teilweise hochbedeutsamen Sammlungen, deren Schwer­punkt die künstlerischen Erzeugnisse des 16. und des 17. Jahrhunderts bilden, äußerlich einen wuchtigen, angemessenen und diskreten Rahmen und im Innern eine Reihe von Hallen, Sälen und Kabinetten gestaltet, deren Anlage, Verteilung und räumliche Ausbildung durchgehend als leitenden Gedanken die Zweckmäßigkeit für die Anordnung und Beleuchtung der Sammlungen erkennen läßt. Wenn das schon in nicht wenigen Räumen glänzend zu Tage tritt, so läßt es keinen Unparteiischen im Zweifel, auf welcher Seite das tatsächliche Verdienst liegt. Wo jene Tendenz indes noch nicht deutlich genug hervortritt, wird man den Grund vor allem in dem begreiflichen Umstand zu suchen haben, daß die etwas schnell betriebene Aufstellung der Objekte stellenweise noch zu sehr den Charakter einer Improvisation zeigt. Es wird sich da gewiß vieles im Laufe der Zeiten erheblich bessern, wenn die Anordnung erst ein definitives Gepräge erhalten hat und zugleich die jetzt sichtlicher gewordenen Lücken der Sammlungen mehr ergänzt sein werden.

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