Heft 
(1904) 13
Seite
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14. (4. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres. 287

Selien wir zu, wie Ihne seine sonderbare Aufgabe gelöst hat. Jene nördliche Spitze des rechtwinkligen Dreiecks seiner xAnlage rundete er segmcntförinig ab, um hier unterhalb eine siebenjochige geschweifte Halle als monumentalen Bestandteil einer Nordfront mit korinthischen Säulen und statuengeschmückter Attika zu gestalten. Von der Frontmitte legte er eine Achse zur Mitte der geraden Stadtbahnfassade und bemühte sich, diese Zentrale in ihrer ganzen Länge als eine Flucht von abwechslungsvollen imposanten Hallenräumen auszubilden, vorn und hinten durch je ein überkuppeltes Treppenhaus betont, die zwischen sich eine Wandelhalle und jene durch Nischen flankierte grandiose Basilika lassen. Außen freilich bieten beide Kuppeln keinen schönen Anblick. Wie hätte er aber äußerlich verstecken können, was er für die Absichten seiner Innengestaltung unbedingt brauchteV Um die Teilungsaxe der Anlage sind unterhalb wie oberhalb die im ganzen ca. 70 zählenden Ausstellungssäle, die an Größe sehr variieren, gruppiert. Dieser Grundriß, welcher die Zahl der Räume in beiden Stockwerken in zwei gesonderte, nur vorn und hinten durch die Treppenhäuser verknüpfte Hälften zerlegt, entspricht durchaus der eigenartigen Zusammensetzung der Sammlungen. Wir wiederholen hier nur die AVorte des offiziellenFührers, wo cs heißt: Im linken Trakt des Gebäudes, an der Spreeseite, sind im Erd­geschoß die altchristlichen und byzantinischen, sowie die AVerke der sassa- nidischcn und älteren islamischen Kunst aufgestellt. Im rechten Trakt, am Kupfergraben, haben die deutsche Plastik des Mittelalters und der Renaissance und die farbige italienische Plastik der Renaissance, in den beiden Sälen neben der Stadtbahn die Münzen und Medaillen ihren Platz erhalten. Im oberen Stock sind in dem Flügel an der Spree bis an das hintere Treppen­haus die Gemälde der italienischen Schulen nebst den kleineren italienischen Bildwerken, in dem Flügel am Kupfergraben die der deutschen, nieder­ländischen, französischen und spanischen Schulen aufgestellt.

Aber auch in einer Fülle von Einzelheiten wird man die geschickte Erwägung und die vornehme Gestaltungsweise Ihnes anerkennen müssen. Ein Vertreter der sog. sezessionistischen Architektur hätte hier zweifellos selbstherrlich geschaffen, vielleicht mit van de Veldeschen Kurven u. dgl. operiert und sich, um demDokument der Zeit nichts schuldig zu bleiben, nur wenig um die für die Mehrzahl der Räume von vornherein fest be­stimmten Sammlungen der altchristlichen, mittelalterlichen und neueren Epochen gekümmert. Der Meister dieses Museums verleugnet zwar nirgends den Mann, den Künstler und Techniker seiner Zeit, aber er bestrebt sich sichtlich, überall die Sache und den Zweck, nicht die Persönlichkeit herrschen zu lassen; hier verdient dieser Gesichtspunkt, eben weil er bei andern bau­künstlerischen Aufgaben nicht mehr gebräuchlich und anerkannt ist, un­bedingt Zustimmung. Man verfolge nur Raum für Raum u. a. die Bildungen der geraden Holzdecken, die den verschiedenen Kunstepochen der Samm­lungen überall eigentümlich angepaßt sind.

Selbstverständlich muß man sich hüten, an eine aus so aparten Be­dingungen hervorgegangene Bauschöpfung den von anderen Museen ge­wonnenen Masstab ohne weiteres anzulegen. Eine weihevolle Stimmung bereitet der imposante Zentralraum des Haupttreppenhauses auch hier beim