Heft 
(1904) 13
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16. (6. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres.

auf die Wiederherstellung des Bremer Roland an mich gerichteter Fragen mich veranlaßt, insbesondere die Formengeschichte dieser Bildsäule immer wieder nachzuprüfen. Meine Ergebnisse lege ich im folgenden vor, ohne im entferntesten, jetzt wie früher, den Anspruch zu erheben, das Problem gelöst zu haben. Die darauf verwendete Arbeit freut mich; aber ich bedauere die Zeit, welche das leider unvermeidliche Eingehen auf die gelehrten Donquiehoterien der allerjüngsten Rolandforscher und ihrer Schildknappen in Anspruch genommen haben.

Insbesondere gerichtet sind S.s Angriffe gegen 2 jüngst erschienene gelehrte Arbeiten: Prof. Dr. Karl Heldmann-Halle: Die Rolands­bilder Deutschlands in dreihundertjähriger Forschung und nach den Quellen. Beiträge zur Geschichte der mittelalter­lichen Spiele und Fälschungen. Mit 4 Abbild, in Lichtdr., Halle a. S. uud Professor Dr. Franz Jostes - Münster: Roland in Schimpf und Ernst. Mit (3 Abbild, in Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde. 1. Jahrgang 1904. (Schimpf meint hier soviel alsScherz. So bedeutet in dem Buchtitel von Claus Narren: Sechshundertsiebenundzwantzig Historien, feine schimpfliche wort vnd Reden, mit lustigen Reimen gedeutet, Frankfurt a. M. 1579, das Wortschimpfliche soviel als scherzhafte Worte. Noch früher (1522) veiöffentlichte Pauli sein BüchleinSchimpf und Ernst, welches Georg Büchmann in denGeflügelten Worten öfters anführt. Vergl. auch Brandenburgia XIII S. 130.) Bekämpft werden die behaupteten Fälschungen des Bremer Ratsherrn Johann Hemeling, die nicht durch Errichtung des Bremer Roland gekrönt wurden, sondern im Gegenteil an dessen vorhandene Bildsäule anknüpften, entweder an die steinerne von 1404 mit dem einfachen, umschriftlosen Wappenschild, oder, falls sie wirklich vor 1404 anzusetzen wäre, an die ältere, hölzerne, eben­falls beschildete (Sello, S. 7).

Im 2. Kapital Roland-Reiten interessiert uns besonders die Deutung des Rolands zu Potzlow in der Uckermark als einer Quintäne, d. h. einer drehbaren Rolandsfigur, nach welcher gestoßen wurde. Ich erinnere dabei an den Quiutäne-Roland von Garding in Dithmarschen, der sich noch wohl erhalten im städtischen Museum in Altona befindet. Am 2. April^d. J. besichtigte ich ihn und fand eine derbe hölzerne, bunt bemalte'* Figur, eine Ritterkarrikatur, am rechten Arm eine kleine Tartschc, nach deren Mittelpunkt gestoßen ward. Traf der Stoß des Reiters mit der^Lanze nicht in den beweglichen Zapfen, so drehte sich die hölzerne Figur und schlug mit dem Aschenbeutel ihrer linken Hand zum'Jubel der Zuschauer den Reiter. Leider hat man die Potzlower Quintänefigur, die unten abgemorscht war, unlängst mit den Bein­stümpfen in eine Steinbettung gesteckt, so daß dieser Roland wie ein Götzenbild aussieht; der Degen in der rechten Hand hat natürlich