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15. (5. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres.
Lerngebäude Klosterstraße 74 mitnebst der Streitschen Stiftung ist das ehrwürdigste Schulhaus Berlins, hat die Beachtung der Brandenburgs stets in besonderem Maße angezogen und ist von derselben unter gütiger Führung des Herrn Gymnasial-Direktors Bellermann am 7. Oktober 1903 eingehend besichtigt worden.
Die Rechtsverhältnisse der Anstalt nach innen wie außen sind von jeher kraus und verwickelt gewesen. Die geschichtliche Entwickelung ist in gedrängter Kürze folgende. Das Grundstück enthielt früher ein Franziskanerkloster der grauen Brüder, auf einem im Jahre 1271 den Mönchen von dem Markgrafen geschenkten Platze um das Jahr 1290 gebaut. Um dieselbe Zeit schenkte Jacob von Nebede die zwischen Berlin und Tempelhof belegene Ziegelei. Nach Einführung der Reformation wurde das Kloster aufgehoben und diente eine Zeitlang dem Leibarzt des Kurfürsten Johann Georg, dem Alchimisten Leonhard Thurneisser, zur Wohnung und zum Laboratorium; derselbe legte auch eine Buchdruckerei darin an, in welcher mehrere Schriften mit dem Druckorte „im grauen Kloster“ gedruckt worden sind. Im Jahre 1574 wurde das Kloster der Schule eingeräumt. . Durch das bedeutende, beinahe auf 148 000 Thlr. sich belaufende Vermächtnis, welches der Kaufmann Sigismund Streit in Venedig 1752 und 1760 dem Gymnasium hinterließ, ward es möglich, 1786 bis 1788 das Gymnasialgebäude und die Lehrerwohnungen neu zu erbauen, auch die Streitsche Stiftung mit den damit verbundenen Freitischen und Stipendien zu errichten und das Gehalt der Lehrer zu erhöhen. Bedeutende Vermächtnisse, wie das des Professors Stein von ungefähr 20 000 Tlr. und das von Regemannsche von 19 000 Tlr. vermehrten die Einkünfte des Gymnasiums, das auch durch die 1819 erfolgte Schenkung von einem Teile des Lagerhauses eine bedeutende Ausdehnung erhielt. 1767 wurde das Köllnische Gymnasium mit der Anstalt verbunden und aus den drei unteren Klassen eine Stadtschule gebildet. Dieses Köllnische Gymnasium, Inselstraße 2—5, dessen Geschichte wir hier wenigstens streifen, hieß ursprünglich das Petrinische Gymnasium und ist die Zeit seiner Begründung unbekannt. 1540 finden sich die ersten Nachrichten davon. 1738 brannte es mit der Petrikirche zugleich ab und ward in das Köllnische Rathaus verlegt. 1767 wurden die obersten Klassen mit dem Berlinischen Gymnasium vereinigt und bildeten mit demselben das Berlinisch-Köllnische Gymnasium. Die unteren Klassen blieben selbständig als Köllnische Schule. 1824 wurde diese Trennung wieder aufgehoben und das Köllnische Gymnasium als Real-Gymnasium begründet, indem es sowohl für die Universität als auch für die anderen Berufszweige die Vorbildung gab. Die nach dieser Zeit erfolgte Hebung der Realschulen machte diese an sich schwierige Verbindung entbehrlich und im Oktober 1868 wurde die Anstalt wieder ein humanistisches Gymnasium, das vorzugsweise für die Universität