Heft 
(1904) 13
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16. (11. ausserordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres.

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Sehr unbedeutend waren die Anfänge, aus denen sich das Institut zu seiner jetzigen Vielseitigkeit entwickelte.

Der veränderten Fabrikations weise durch die sich immer mehr ausdehnende Maschinenarbeit, sowie den Wandlungen der Textil-Industrie und dem gewaltigen Aufschwung in der Konfektionsbranche folgend, gelangte es unter Beachtung der modernen Strömung im Kunstgewerbe von selbst in neue Bahnen und das zuständige Kuratorium nebst der Gewerbe-Deputation des Magistrats führten es der jetzigen Gestalt entgegen.

Ursprünglich wurde nur Abend- und Sonntagsunterricht erteilt, und erst im Jahre 1890 konnte das jetzige Schulgebäude mit den Ab­teilungen für Iland- und Maschinenweberei, Wirkerei und Posamentiererei bezogen und die Tagesschule eröffnet werden.

Im November 1894 kam der Abend- und Sonntagsunterricht in der Färberei und am 1. April 1896 die vollständige Färbereiabteilung hinzu, während mit Beginn des Winterhalbjahres 1895 6 der kaufmännische Kursus zur Einführung gelangte, welcher an der Abend- und Sonntags­schule den in der Textil- und Konfektions-Industrie Beschäftigten Ge­legenheit bietet, sich Warenkenntnisse aller Art anzueignen.

Am 1. April 1896 begann für sämtliche preußischen Webeschulen und damit auch für die Städtische höhere Webeschule durch Einführung eines obligaten Normallehrplans eine neue Epoche. Zu den Lehrauf­gaben sollte auch die Stickerei treten. Sie wurde im Oktober 1896 zu­nächst an der Sonntagsschulo und, nachdem sich der Unterricht bewährt, auch die entsprechenden Maschinen beschafft waren, im April 1897 an der Tagesschule eingeführt.

Allmählich erkannte man mehr und mehr, daß die Schule in tech­nischer Richtung vorzüglich organisiert und eingerichtet, aber nicht in kunstgewerblicher Hinsicht auf der Höhe sei!

Das Hauptaugenmerk wurde infolgedessen auf die Ausgestaltung der April 1896 ins Leben gerufenen Musterzeichnenabteilung gerichtet. Einen Lehrapparat von Stoffproben älterer Zeit in reicher und in­teressanter Technik erhielt die Webeschule als geschlossene Sammlung vom Herrn Minister für Handel und Gewerbe durch Vermittelung des Königlichen Kunstgewerbemuseums zu Berlin zugewiesen, welcher in­zwischen zur Einführung der Schüler in die moderne Praxis durch An­kauf moderner Stoffe komplettiert wurde.

Diese Vorbildersammlung umfaßt heute nahezu 20 000 Objekte aller Art, wie: Teppiche, Decken, Tapeten, Gewebe historischen und modernen Charakters, Stickereien, Posamenten etc., der sich eine reichhaltige Sammlung von Naturobjekten, Vögeln, Fischen, Insekten sowie eine Gipsmodellsammlung anreihen.