Heft 
(1904) 13
Seite
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17. (6. ordentliche) Versammlung des XIII, Vereinsjahres.

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Das Grundeigentum kann nur aus Gründen des öffent­lichen Wohles für ein Unternehmen, dessen Ausführung die Aus­übung des Enteignungsrechts erfordert, gegen vollständige Ent­schädigung entzogen oder beschränkt werden.

Ich habe mit diesem Enteignungsgesetz seit seinem Inkrafttreten bis heute fortwährend amtlich zu tun und kann nur sagen, daß die meisten Rechtskundigen unteröffentlichem Wohl hier lediglich solche Fälle verstanden wissen wollen, wo es sich um Erwerbung von Land oder Baulichkeiten u. dgl. handele, das absolut notwendig für die Durch­führung praktischer Zwecke als Eisenbahnen, Kanäle, Straßen, Plätze und Brücken sei. Ich entsinne mich, daß ich auf der Generalversamm­lung des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertums­vereine zu Mainz im Jahre 1887 mit dem dort anwesenden Rudolf Virchow darüber in eine Meinungsverschiedenheit geriet, als ich behaup­tete, unteröffentlichem Wohl sei auch der Schutz der öffentlichen Denkmäler und ihrer Nachbarschaft gemeint. R. Virchow entgegnete mir, er könne mir nicht beipflichten, denn er sei in der das Enteignungs­gesetz vorberatenden Kommission des Preußischen Abgeordnetenhauses Mitglied gewesen und wisse genau, daß die Kommission den § 1 nur auf die obengenanntennotwendigen Nützlichkeitsfälle habe beschränken wollen. Ich habe mich mit dieser Anschauung Virchows niemals be­freundet und stehe auf dem Standpunkt, daß man den § 1 nach seinem Wortlaut unmittelbar auslegen müsse und daß nicht bloßNützlich­keiten im landläufigen Sinne, also in Geld abzuschätzende Verhältnisse, gemeint seien. Der Schutz der Denkmäler gehört für mich uubezweifelt unter den Begriff des öffentlichen Wohls. Zum öffentlichen Wohl gehört nicht allein die Verschaffung und Sicherung notwendiger materieller Vorteile, sondern auch die Verschaffung und Sicherung notwendiger ideeller Güter und Bestrebungen, und dazu rechne ich in erster Linie den Denkmalsschutz. Sehr wichtig ist es, daß in dem neuesten Falle der Kirche Wang sogar einem bloßen Verein das Enteignungsrecht ver­liehen worden ist. Wir ich darf wohl so Namens der Versammlung sprechen begrüßen daher die Allerhöchsten Entschließungen Kaiser Wilhelms des Großen bezüglich des National-Kriegerdenkmals auf dem Kreuzberg und bezüglich des Viktoria-Parks sowie Kaiser Wilhelms II. bezüglich der Kirche Wang und deren Umgebung mit lebhaftestem Dank und dem RufVivat sequens!*)

*) Zu beachten wäre noch hier der dem Preußischen Abgeordnetenhause vorliegendeEntwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse, im Artikel 2Bebauung der Grundstücke: Durch die Bauordnungen kann insbesondere geregelt werden ....

4. Das Einschreiten gegen Bauten, welche die Straßen oder öffentlichen Plätze in Städten oder ländlichen Ortschaften verunstalten.

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