Issue 
(1904) 13
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17. (6. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres.

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Seite hatte der Schreckstein eine Durchbohrung. Man trug die Steine an einem Bande, welches genau so lang war, daß dieselben bis aufs Ilerz herabhingen, und glaubte, daß dadurch die schädlichen Folgen des Erschreckens verhindert würden. Häufig wurden derartige Steine von Schwangeren und Wöchnerinnen benutzt.

b) Halsbänder aus Paeonien-Samenkörnern (Paeonia offici- nalis peregrina) werden noch heut in Berlin zahnenden Kindern umge­legt. Die etwa erbsengroßen, aber mehr länglichen, schwarzen Körner, die im Volksmunde Schreckkörner genannt werden, kauft man in der Apotheke icli erstand am 4. Dezember 1904 eine Anzahl derselben in der Nettelbeck-Apotheke in der Reinickendorferstr. 9a legt sie über Nacht in Wasser, damit sie weich werden, durchsticht sie mit einer Nähnadel und zieht sie auf einen Faden. Die so hergestellten Hals­bänder schützen die Kinder vermeintlich vor den Folgen eines Schrecks und erleichtern außerdem das Zahnen.

c)Saß und Fraß war ein in Nen-Vorpommern, z. B. Greifs­wald, übliches Mittel, welches auchSüchtenbrecher hieß. Es diente indessen nicht als Heilmittel, sondern als Erkennungsmittel derSüchten, die im kranken Menschen steckten. DasSaß und Fraß bestand aus 7 (zuweilen auch 9) fingerlangen Stäben aus verschiedenen Hölzern, darunter z. B. von Lignum Sassafraß, daher der volkstümliche Name.

Die Stäbchen wurden bei Neumond ins Wasser gelegt; soviel ihrer nun untersanken, soviel Süchten hatte der oder die Kranke. War auf diese Weise die Zahl der Süchten ermittelt, so wurden dieselben einzeln von derklugen Frau besprochen. Sieben Süchten kann der Mensch ver­tragen, bei mehr muß er dran glauben.

d) Mit Mumienstücken wurde noch vor etwa 20 Jahren in den Greifswalder Apotheken von Schenk und Kunstmann ein Handel ge­trieben. Man benutzte die Dinger als Sympathie-Mittel.

Herr Monke übergibt ferner zu Nr. c eine launige Mitteilung des hiesigen Lehrers an der 70. Gemeindeschule Herrn Heinrich Busch.

AVie Großmutter Muttern und diese uns Kindern die Ge­schichte vom lignum sassafras erzählte:Es war mal ein Bäuerlein in der Wendei, das litt sehr an Leib- Rücken- und Kopfschmerzen. Alle klugen Frauen wurden vergebens gefragt und selbst das berühmtePuschkraut aus / demRossaw verfehlte seine Wirkung. So beschloß denn besagtes Bäuer­lein den Medikus Langematz aus Koschebuß, der landesüblich in der Körzma (Dorfkrug) jeden Freitag in der Woche seine Patienten von ihren Gebresten mit allerlei Latwergen und Kräutern aus der (von Hans von KUstrin) priv. Apotheke zum goldenen Löwen zu Koschebuß heilte, auch aufzusuchen.

Chirurgus Langematz war berühmt und grob. Vor allem ließ er sich nicht gern beim Mittagsmahl stören. Unser Bäuerlein hatte nun aber das Unglück gerade zu solcher Zeit einzutreten, als der Medikus Langematz nach