Heft 
(1904) 13
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18. (7. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres.

pekuniäre Sicherheit der genannten Beteiligten gefährdet wird. Dali dieser Fall beim Redernschen Palais und bei ähnlichen Gelegenheiten, wo grolie, kapitalkräftige Unternehmer den Um- oder Neubau ins Werk setzen, nicht zutrifft, bedarf keiner weiteren Ausführung. Es kommen zunächst die polizeilichen Rücksichten in Frage, die, soweit es sich nm den Bebauungsplan handelt, durch die örtliche Stralienbau-Polizei und, soweit die Hochbau - Interessen berührt werden, durch das Königliche Polizei-Präsidium wahrgenommen werden. Die Baufluchten werden beim Neubau Unter den Linden Nr. 1 nicht berührt, die vom Oberbürger­meister auszuübende örtliche Straßenbau-Polizei hat also keinerlei Einfluß auf die Sache. Etwas verwickelter liegt die Angelegenheit gegenüber dem Polizei - Präsidium. Hier sind die Vorschriften des Allgemeinen Landrechts Teil I Titel K noch heute zu Recht bestehend:§ 35. Statuen und Denkmäler, die auf öffentlichen Plätzen errichtet werden, darf nie­mand, wer er auch sei, ohne obrigkeitliche Erlaubnis wegnehmen oder einreißen. § 36. Noch weniger dürfen ohne dergleichen Erlaubnis Gebäude in den Städten, die an Straßen oder öffentliche Plätze stoßen, zerstört oder vernichtet werden. Nach der bei den Rechtskundigen und den öffentlichen Konservatoren herrschenden Übereinstimmung wird ein aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts stammendes Privat­haus als ein Denkmal im Sinne des § 35, selbst wenn es von einem Schinkel herstammt, nicht angesehen. Auch herrscht bezüglich des § 36 kein Zweifel, wenn man die ihn erläuternden §§ 37. ff erwägt, daß er nur das Zerstören und Vernichten der Art, daß eine häßliche leere Baustelle oder eine unschöne Ruine übrig bleibt, im Auge hat. Also auch diese Paragraphen können im Redernschen Falle nicht augewendet werden. Sodann kommen noch zwei Paragraphen zur Erwägung:§ 66. Doch soll zum Schaden oder zur Unsicherheit des gemeinen Wesens oder zur Verunstaltung der Städte und öffentlichen Plätze kein Bau und keine Veränderung vorgenommeu werden. § 78. Die Straßen und öffent­lichen Plätze dürfen nicht verengt, verunreinigt oder sonst verunstaltet werden. Es kommt hier, wie man sieht, auf dieVerunstaltung an. So bedauerlich es nun sein mag wir empfinden das als Kunst- und Geschichtsfreunde vollkommen, w'enu der Schinkelsche Privatbau ver­schwindet so ist ein solcher Fall von den Herausgebern des Land­rechts nicht gemeint gewesen, wenn es von einer Verunstaltung spricht. Eine Verunstaltung im landrechtliclien Sinne kann hier vielleicht muß man sagenleider nicht behauptet werden. Weder der Konservator der Denkmäler des preußischen Staats noch der Polizeipräsident hat gegen die sehr eingreifende Veränderung der Redernschen Fassade, die durch den Ausbruch von Schaufenstern bereits vor einigen Jahren ein- getreteu ist, etwas einzuwenden vermocht und wird gegen den gänzlichen Umbau oder Abbruch und Neubau nach Lage unserer Gesetzgebung