Heft 
(1904) 13
Seite
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18. (7. ordentliche) Versammlung des XIII. Vereinsjahres.

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XlVa. Die Heilige Geistkirche zu Berlin gerettet. Indem ich hinsichtlich der alten Umgebung auf den Plan XIII S. 192 verweise, teile ich folgendes mit: Auf Beschluß des Ältesten-Kollegiums der

Kaufmannschaft ist die Erhaltung des Gebäudes unserer etwa aus dem Jahre 1313 stammenden, also bald 600 Jahre alten ehrwürdigen Heilige Geistkirche genehmigt worden. Das Bauwerk wird auf drei Seiten frei- stehend erhalten, nach dem Vorgarten, nach der Ileiiigen-Geist-Gasse und nach der Spandauerstraße zu, unter angemessener stilgerechter Renovierung außen und innen. Das Gebäude soll an der Rückseite mit dem Neubau der kaufmännischen Akademie verbunden und als Biblio- theks- beziehungsweise Lesesaal verwendet werden. Von dem beweg­lichen Inventar geht dem Märkischen Provinzial-Museum dasjenige, dessen Erhaltung im geschichtlichen Interesse erwünscht ist, zur Aufbewahrung und Aufstellung zu. Der Bethabara-Sliflung für gefallene Mädchen in Weißensee, Albertinenstraße 23, sind die wohl erhaltenen Glocken aus Bronzeguß, eine davon mittelalterlich, zum Geschenk überwiesen worden. Man kann unserer Kaufmannschaft nur Dank wissen, daß sie trotz des mit der Bauprojekt-Umarbeitung verbundenen, nicht unbeträchtlichen Zeitverlustes und der nicht geringen Mehrkosten gegen den ursprüng­lichen Plan dieses Wahrzeichen der mittelalterlichen Geschichte unserer Reichshauptstadt gerettet hat.

U. M. Herr Stadtrat Dr. Max Weigert, dem wir als dem stell­vertretenden Vorsitzenden der Kaufmannschaft, die Erhaltung des Kirch­leins mit zu verdanken haben, teilte mir mit, daß um dasselbe zahl­reiche beerdigte Leichname, meist sehr zerfallene Gerippe, zum Vorschein kommen. Herr Kustos Buchholz ergänzt dies dahin, daß es sich um den alten Hospitalkirchhof der II. G. K. handelt. Die Skelette gehören auffallend vielen sehr alten, sicher über 80 Jahre alt gewordenen Per­sonen (darunter viele Frauen) an. Als die an die Kirche anstoßenden Häuser in der Spandauer- und Neuen Friedrichstraße vor 100 bis 200 Jahren gebaut wurden, sind bereits viele alte Gräber hier zerstört worden. Die ältesten Beerdigungen dürften bis in den Anfang des 14. Jahrhunderts zurückreichen und dehnten sich unter den jetzigen Börsengebäuden bis an das sumpfige Spreeufer fort. In diesem waren noch früher wendische Pfahlbauten errichtet, welche der frühesten Vor­zeit Berlins angehören.

Bei einer Besichtigung des Baugrundes vor einigen Tagen stellte ich fest, daß derselbe aus gutem gelben Sande besteht; an einer Stelle befindet sich eine ausgedehnte Schicht Branderde mit vielen Kohlen, dieselbe rührt vielleicht von der Feuersbrunst her, welche das Auffliegen des Pulverturms am 12. August 1721 veranlaßte. Es war dies einer der alten Stadtbefestigungstürme von Berlin, er ist auf dem erwähnten Plan S. 192 zu sehen. Eben sind dort die drei gewaltigen Lindenbäume,