Heft 
(1912) 20
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1^. (6. ordentliche) Versammlung des XIX. Vereinsjahres.

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sich aus Stadträten und Stadtverordneten, ärztlichen Bürgerdeputierten und den ärztlichen Direktoren der 4 Anstalten zusammensetzt. Sehen Sie sich nun die Anstalten näher an, so bieten sich Ihnen nicht etwa um­mauerte Gefängnisse dar, sondern Anlagen von mehreren Gebäuden, welche in schönen Park- und Gartenanlagen gruppiert selber mit den neuesten Errungenschaften der Technik, Zentralheizung, Zentrahvasser- versorgung versehen, ausreichend Platz, Luft und Licht bieten. Daß natürlich Schwerkranke nicht mit leichteren zusammen, sondern in Isolier­häusern und verbrecherische Kranke infesten Häusern untergebracht werden, bedarf keiner näheren Begründung. Die übrigen Kranken sind in den offenen Landhäusern untergebracht, wo ihnen auch nach Fähig­keit Gelegenheit zu Hand- und Landarbeit geboten ist. Auch an Festen und Unterhaltung fehlt es nicht. Die Beteiligung am Gottesdienst in der schönen, lichtgebauten Anstaltskirche ist freiwillig und überaus rege. In dem schönen Festsaal finden Konzerte und Theaterabende statt, bei welchen die Lieder wie die Theaterstücke von Patienteu selber zum Vortrag gebracht werden. Zweimal wöchentlich findet Gesangstunde statt, an welcher alle Sanglustigen und Stimmbegabten teilnehmen können. Auch an Kegelbahn und Billardzimmer fehlt es nicht. Letzteres ist sogar in dem festen Hause vorhanden, in welchem geisteskranke Sträflinge untergebracht sind. Kurz es fehlt an nichts um auch diesen Unglücklichen das Leben soweit als möglich zu verschönen. Mehr als Schilderungen aber überzeugt die eigene Anschauung, und so möge denn auch dieser Verein den Weg nicht scheuen und eine der Anstalten, am besten die in Buch selber besuchen, was durch die Deputation für die städtische Irrenpflege bereitwilligst gestattet wird.

Anmerkung: Vortragender schilderte im II. Teil seines Vor­trages das Los der Geisteskranken in den griechischen Klöstern des Orients, die aus abergläubischen Gründen in Kellern bei Wasser und Brot und in Ketten gehalten werden, auf Grund seiner Orientstudien­reise und die dagegen auf seine Veranlassung unternommenen Schritte. Dieser Teil des Vortrages, der von Pfarrer Berendt anf dem internatio­nalen Kongreß zur Fürsorge für Geisteskranke im Oktober 1910 im Abgeordnetenhaus gehalten wurde, ist von der Redaktion der klinisch­therapeutischen Wochenschrift Berlin-Wien zum Abdruck gebracht. (Heft 4, Jahrg. 1911.)