21. (7. ordentliche! Versammlung des XIX. Vereinsjahres.
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XXVI. Schlüter’s Geburtsjahr. Es gibt wohl wenige so bedeutende hochgepriesene Künstler der Neuzeit, deren Lebensumstände gleichwohl so dunkel sind, wie bei Andreas Schlüter. Es scheint, daß er, der nach bisheriger Annahme ein junger Mann von 30 Jahren war als er 1694 zu Berlin beim Kurfürsten Friedrich III. erschien, nicht weniger als nochmal so alt war. Um 1662 sollte er geboren sein — Geburtsstadt zweifelhaft, nach der geläufigeren Legende erst 1664 und zwar in Hamburg. — Als er seine unsterblichen Werke in Berlin schuf, das Königliche Schloß hierselbst, die Masken der sterbenden Krieger am Zeughaus, das Standbild des Großen Kurfürsten auf der Brücke, war er vielmehr schon in vorgerückten Jahren. Mit 72 Jahren traf ihn das Unglück, daß der von ihm errichtete Münzturm am Schloß und nabe der Schloßfreiheit zusammenstürzte. Infolge der Rivalität des Eosander von Goethe ging er 79 Jahre alt, nach dem Tode seines früheren Gönners, des 1. Preußischen Königs, nach Petersburg, von Zar Peter berufen und starb dort bald darauf im 80. Jahre.
Herr Archidiakonus Blech in Danzig hat nämlich herausgefunden, daß Schlüter dort bereits im Jahre 1634 geboren ist. Von Georg Cuny ist die Sache in seinem Buch über Danzigs Kunst und Kultur im 16. und 17. Jahrhundert kürzlich weiter geklärt. Andreas Schlüters Vater war ebenfalls Danziger und hat, unter gleichem "Vornamen, dort als Bildhauer gewirkt. Man fragt sich erstaunt, wie ist eine solche biographische Verschleierung bislang möglich gewesen? Sind denn gar keine Porträts von Andreas Schlüter junior aufzutreiben? Ein Dreißigjähriger sieht doch nicht wie ein Sechziger aus!
XXVII. Neue Hausabbrüche im älteren Berlin. Einer Aufforderung des B. L.-A. folgend, habe ich unter dieser Überschrift am 2. und 9. Oktober 1910 zwei Aufsätze veröffentlicht, die denjenigen Mitgliedern, welche sich um die alten Bauten Berlins sorgen, und die Zahl dieser Herren und Damen ist nicht gering, nicht ganz unwillkommen sein mögen.
Die Hausabbrüche sind besonders in diesem Jahre zahlreich und folgen einander in einem für den Freund berlinischer Geschichte unheimlich schnellem Tempo, so daß es nicht leicht ist, hier eine historische Revue abzuhalten und wenigstens von dem äußeren Eindruck noch einiges zu fixieren.
Beginnen möchte ich mit dem allerältesten Stadteil, der die Ortsbezeichnung „to dem Berlin“ führte und sich um den Kirchhügel von St. Nikolai lagerte. Es gibt keine Gegend in ganz Berlin, die für den Altertumsforscher bedeutsamer wäre, da sie Spuren der Besiedlung lange vor der Stadtwerdung unserer Hauptstadt aufweist. So habe ich denn auch meine Aufmerksamkeit mit Spannung den Abbrüchen und Ausgrabungen in der Probststraße zugewendet, die auf der ganzen Strecke