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21. (7. ordentliche) Versammlung des XIX. Vereinsjahres.
[Späterer Zusatz: das Haus ist inzwischen verschwunden und die Erinnerungszeichen Lessings sind nach dem neuen, nach Brüderstraße Nr. 13 übergesiedelten Lessing-Museum übergeführt, wo sie von uns am 26. Januar 1911 unter Führung des Aufsehers des Museums, Herrn Schriftstellers Georg Richard Kruse, besichtigt werden sollen.]
In der Friedrichstadt! So vertrauenerweckend modern der Name klingt, so unmodern und schwierig werden die Verhältnisse, sobald mau sich in die Hausgeschichte dieses eleganten Stadtteils vertieft. Hätten unsere dortigen Altvordern ein bißchen an die späteren Hausforscher gedacht, so würden sie diesen nicht durch Unterlassungssünden das Leben bei ortsgeschichtlichen Untersuchungen so schwer gemacht haben. Es fehlen vom ersten preußischen König ab bis fast zum Schluß des 18. Jahrhunderts die genauen Adressen und vor allem die Hausnummern, so daß man in vielen Fällen auf Vermutungen angewiesen ist, zumal auch die Bauakten des Polizei-Präsidiums und die Grundakten der Amtsgerichte nicht so weit zurückreichen.
Wenden wir uns zunächst in die Leipziger Straße, von der viele Berliner, weil sie an die Alte Leipziger Straße denken, annehmen, daß der Name mit der Schlacht bei Leipzig Zusammenhänge, während er schon seit Beginn des 18. Jahrhunderts, zunächst für die Strecke von den Kolonnaden bis zur Mauerstraße, üblich gewesen ist.
Über das Haus Nr. 33, welches mit den Häusern rechts und links niedergebrochen wird um einen Prachtbau der Konfektionsfirma Cords Platz zu machen, hat sich bezüglich des Alters bereits ein Streit erhoben, der nicht leicht zu schlichten ist. Das Mauerwerk des kleinen Pavillons im Hintergründe ist nach meinem Gefühl Spätbarock, also auf den Anfang des 18. Jahrhunderts zu beziehen, während die Muschelgrotte, ausgesprochen Rokoko, erst zur Zeit, da die Potsdamer Muschelgrotten von Friedrich dem Großen beliebt wurden, hinzugefügt sein mag. Leider läßt sich, weil aus vergänglichem Stuck aufgeführt, hiervon nichts retten, dagegen soll das kleine Sandstein-Puttenfigürchen, das sich auf dem Dach über der Grotte erhalten, dem Märkischen Museum zugeführt werden.
Recht interessant ist das vordem Fonrobertsche Haus Leipziger Straße 103, sieben Fenster Front in vier Stockwerken hier, außerdem mit einer weitläufigen Front in der Friedrichstraße, noch in diesem Herbst fallend. Die Haut des Löwenkopfes mit darauhängendem Fell über dem Hauptportal weist als typische Verzierung um 1790 auf diese Entstehungszeit hin. Im übrigen sind beide Fassaden durch moderne Umbauten längst verschandelt worden.
In der Krausenstraße fällt unter Nr. 39 eins der schönsten frideri- zianischen Häuser, bislang einem unserer unbesoldeten Stadtväter gehörig gewesen, alsbald dem Abbruch anheim. Die stattliche Ungersche Fassade, neun Fenster Front, vier Stockwerke, ist bemerkenswert als der letzte