34 21. (7. ordentliche) Versammlung des XIX. Vereinsjahres.
Nr. 82, das jetzt für über 1 Million Mark leider zum baldigen Abbruch verkauft sein soll. Wir laden zur Besichtigung dieses Prachtbaus dringend ein, bei dessen Verschwinden die Muse der Geschichte und des Geschmacks trauernd ihr Haupt verbirgt. Neun Fenster Front und vier ansehnliche Stockwerke. Ueber den Fensterstürzen des ersten Stockwerks befinden- sich neun schöne Helmköpfe, und über dem zweiten Stockwerk allerliebste Putten mit Allegorien. Zwei Putten, je eine rechts, bezw. links oben von der schöngeschnitzten Eingangstür, stellen den Handel und das Gewerbe vor. Die übrigen Putten versinnlichen von links nach rechts Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Endlich läuft noch rechts an dem breitesten Pfeiler durch zwei Stockwerke eine länglich komponierte Trophäe, wahrscheinlich aus Stuck, die in antikisierender Darstellung Jagd- und Fischerei-Geräte geschmackvoll zusainmenordnet, eine Hindeutung auf die Jägerstraße. Der Hof mit Säulengang verdient ebenfalls Beachtung.
Das Volk nennt dies Gebäude das alte Jägerhaus und bezeichnet als neues Jägerhaus auf der gegenüberliegenden nördlichen Seite nahe der Kurstraße die wirtschaftlich ein Ganzes bildenden Häuser Nr. 88 und 39. Eine in der Luft über dem Dach angebrachte Inschrift lautet: „Jägerhaus“ und gibt deshalb zur irrigen Annahme Anlaß, als hätte das kurfürstliche Jägerhaus wirklich gerade dort gestanden.
Auch um diese friderizianischen Bauwerke ist es ewig schade, daß sie nach dem 1. Oktober 1910 verschwinden sollen, wenn sie auch in baukünstlerischer Eleganz etwas hinter Nr. 32 zurückstehen. Eine sein- stattliche Fassade weist zehn Fenster Front auf nnd vier Stockwerke nebst Mansardengeschoß darüber. Dieses und das vierte Stockwerk scheinen erst im 19. Jahrhundert aufgesetzt worden zu sein. Ein reicher Figürchenschmuck ist auch hier vorhanden, verteilt über dem ersten Stockwerk in zehn Puttengruppen nach der Fensterzahl. Immer je zwei Putten sind zu einer allegorischen Szene verbunden, über deren nicht immer ganz leichte Deutung der geehrte Beschauer sich den Kopf zerbrechen mag.
Auf Veranlassung des Märkischen Museums sind alle diese verschwindenden Bauten sorgfältig photographiert und von anderer Seite, wenigstens teilweise, auch photograinmetrisch aufgenommen worden.
Nicht ohne schmerzliches Empfinden wendet sich der Heimatfreund von diesem architektonischen Scblachtfelde ab. „Laßt es nun genug sein!“ möchte er ausrufen. Aber der Modernismus ruht nicht, und so werden noch viele baukünstlerische Opfer fallen; uns muß genügen, auf die bevorstehenden Veränderungen wenigstens literarisch und in der breitesten Öffentlichkeit aufmerksam zu machen.
[Späterer Zusatz: Leider sind inzwischen diese erinnerungsreichen Gebäude frideriziauischer Zeit dem Hammer und der Spitzhacke zum Opfer gefallen.]