Heft 
(1912) 20
Seite
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Kleine Mitteilungen.

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Die Trappensteine. Von alten Schriftstellern, von Becmann z. B. wurden als besonders merkwürdig erwähnt natürliche Steine auf denen Ab­drücke von einer angeblichen Riesenhand, von einem Pferdetritt oder auch Fußspuren oder Trappen von anderem Getier sich vorfanden, die dann an irgend eine örtliche Sagenepisode, meist mythologischen Ursprungs, anknüpfen. Solche Steine behandelte man damals noch mit einer gewissen Ehrfurcht und Scheu, die Pietät war mächtiger als der neue Glauben und außerdem dienten sie allerlei abergläubischen Zwecken, die dem vorangegangenem Heidentum entstammten. Um in der Weiterentwicklung der Dinge einem tief im Herz­blut des Volkes steckenden Gefühl der Autorität zu entsprechen, schuf die Anschauung jener zurückliegenden Zeit auch derarte Trappensteine künstlich in Ziegel. Dieselben wurden dann als Abwehrmittel gegen kommendes Un­heil und feindselige Geister (die Seelen der verstorbenen, unversöhnten Feinde) verbeugend benutzt, im ähnlichen Gedankengange wie das späterhin auf der Türschwelle aufgenagelte Hufeisen, der Drudenfuß Verwendung fand.

Es erscheint als Unterart des Bauopfers, welches durch christlichen Einfluß gewandelt, hier mit dem alttestamentarischen Glauben an den Sünden­bock (3 Mos. V.) sich so gut überein bringen ließ. Bei der Herstellung von künstlichen Trappensteinen schickte man absichtlich über die frischge­strichenen Lehmpatzen Tiere, beliebt hierfür schienen Hahn und Hund, deren gewonnener Fußabdruck ganz im modernen Sinne daktylographiscli legitimierte, im Ziegelofen mit in den Stein dauerhaft eingebrannt ward. Diesen so er­langten Trappenstein fügte man hierauf direkt an der Türschwelle des Hauses sichtbar ein und wollte damit dokumentieren, der erste Passant der Schwelle der Hund wäre nun der Besitzer des neuen Bauwerks gewesen, weil er dabei den Vortritt in der Einweihung hatte. Als solcher übernahm er die Verant­wortung; das kommende Unheil des Hauses und seiner Insassen fielen ihm zur Last, während die menschlichen Hausbewohner nach ihrer damaligen Anschauung schuldlos, also rechtlich auch straf- und sühnefrei blieben, denn das Tier hatte ja vorweg die Ehre und die Verbindlichkeiten des Vortritts genossen, als Erster hatte er sich freiwilliggeweiht und dadurch alles Unheil auf sich genommen.

Einen ähnlichen Leitgedanken verfolgte man bei der Sitte der bekannten mittelalterlichen Stadttorvermauerungen, den sogenannten Waldemar­toren, um gleich daneben eine andere benutzbare Türöffnung zu schaffen, man vermeinte durch diesen Kniff dem Unheilden Weg zu verlegen und es hiermit von der Stadt abzuwenden. Es war auch üblich bei eroberten Städten in deren Stadtmauer eine Bresche zu legen, durch welche dann die Bezwinger einzogen; sofern ein hartes Strafgericht für die Stadt drohte, ver­schmähte man deren Tor und Schwelle zu überschreiten. Andernfalls konnten hochgestellte Persönlichkeiten, wie der Kaiser und später auch der Papst, durch Ueberschreiten einer Schwelle, eines Tores dieselben für alle Zeiten heiligen und entsühnen, denn vor deren Autorität und geheiligte Person machte selbst das Unheil kehrt. In modernen Einweihungs- und Weihefesten klingt dieser germanische Grundgedanke leise wieder.

Von solchen künstlichen Trappensteinen mit einer Hundstrappe sind mir zwei Beispiele aus der engeren Heimat geläufig. Vor längeren Jahren zeigte