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74 22. (15. ausserordentl.) Yersammliing des XIX. Vereinsjahres.
Besitzers, des Kämmerers Freytag, verschied. Zu beachten ist, daß bereits 1786 .Nicolai die dritte Auflage seiner berühmten Beschreibung von Berlin herausgab, daß er sicli also schon lange mit unserer Ortsgeschichte befaßt hatte, ehe er Hausbesitzer ward. Dies 3 bändige Werk, obwohl nicht überall fehlerfrei, wird allzeit eine vorzügliche, ortsgeschichtliche Quelle für das frideriziauische Berlin bleiben.
Der Vater unseres Nicolai, Christian Gottlieb, hatte 1713 am 3. Mai ein Buchhandels-Privileg erhalten: dies ist der Geburtstag der heut noch blühenden Nicolai’schen Buchhandlung. Nicolai-Vater muß schon recht geachtet gewesen sein, wie man u. a. daraus ersieht, daß ihn Friedrich der Große als Kronprinz wiederholt besucht hatte. Bei seinem Tode 1752 hinterließ Nicolai sen. sein Geschäft den vier Söhnen, erst 1759 ward Friedrich Nicolai, der sich eigentlich gelehrten Studien bestimmt hatte, durch die Zeitverhältnisse, um das Geschäft zu retten, letzteres allein zu übernehmen. *)
Von da ab datiert eine neue kulturelle Epoche für Berlin, da alles, was an literarisch und wissenschaftlich führenden Geistern vorhanden war, sich mit Friedrich Nicolai in Verbindung setzte. Seine Bedeutung weit außerhalb der preußischen Hauptstadt erhellt z. B. aus einem Briefe Schillers an seine Schwester vom 6. November 1780, worin es heißt: „Sobald ich in Berlin bin, kann ich in der ersten Woche auf festes Einkommen rechnen, weil ich vollgültige Empfehlungen an Nicolai habe, der dort gleichsam der Souverain der Litteratur ist, aber Leute von Kopf sorgfältig ansieht, mich schon im Voraus schätzt und einen ungeheuren Einfluß hat, beinah iin ganzen deutschen Reich der Gelehrsamkeit.
Die weitere literarische Entwicklung Nicolais können wir wie ich schon zu Anfang bemerkte, nicht hier verfolgen; seine Fehde mit Fichte und mit Goethe, den er durch die törichte Parodie „Die Freuden des jungen Werther“ schwer verletzte, beschäftigte lange Zeit unliebsam die Aufmerksamkeit. Am Lessingdenkmal ist Nicolais Reliefbild angebracht, und Erich Schmidt widmete ihm, gelegentlich der Enthüllung, dabei eine so treffende prägnante Charakteristik, daß wir sie anzuführen uns nicht zu versagen vermögen: „Da ist Friedrich Nicolai als ein Vertreter des friderizianischen Berlinertums, ein achtunggebietender, behender Autodidakt, der in jüngeren Jahren wacker Schritt zu halteu strebte, später aber seine Buchhandlung und Rezensieranstalteu in den Dienst einer Aufklärung gab, welche, während Lessing den Horizont weitete, selbstgenügsam und aberweise mit allem im reinen zu sein wähnte und zur Zeit der Genies, der Klassiker, der Romantiker wie ein alter Uhu von den Vögeln des jungen Tages umschwärmt wurde“.
*) Hinsichtlich der Umbauten, die Friedrich Nicolai an dem Hause durch seinen Freund Maurermeister Zelter vornehmen ließ, verweise ich auf meine erwähnte, 1891 erschienene Schrift. E. Fr.