Heft 
(1912) 20
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22. (16. auaserordentl.) Versammlung des XIX. Vereinsjahres.

jloobe und se kommt nicht, so finde ick weiter nischt dabei, wenn ick aber nich dran jioobe und se kommt doch, so freie ick mir; merken Se wat? drum jloobe ick nich an der Unsterblichkeit. Sprachs und verließ schnell die lachenden berühmten Männer.

Nur noch zwei Dinge möchte ich aus der Lessing-Weiustube Brüder­straße 27 erwähnen. Daß der joviale vortreffliche Küfer Baumann hieß und der Weinkeller von Maurer & Bracht darnach die Bau manns­höhle genannt wurde.

Ferner den berühmten Lessing-Stuhl. Er siedelte in das neue Trinkerheim der Firma nach Scharrnstr. 4 über, wo ich ihn mir wiederholt angesehen habe. Zabel schildert ihn S. 33 wie folgt:Auch Lessings Stuhl erblicken wir auf der anderen Seite des Zimmers, vor dem Fenster, das nach dem Hof zuführt. Fürwahr, das ist keine moderne Tischler­arbeit das merkt man auf den ersten Blick! Wie die Rücken- und Armlehnen ausgebogen sind, als fühlten sie, daß die Last von zwölf Jahrzehnten auf ihnen ruht! Der Tischler wird nicht viel Mühe gehabt haben, die Bretter zu diesem Sitz zusammenzufügen. Auch der Festigkeit der Beine dürfen wir kein besonderes Loblied singen. Sie sind zwar keineswegs so schwach, daß ein starker Mann Bedenken tragen müßte, sein Schwergewicht ihnen anzuvertrauen. Er kann es ruhig wagen, denn es wird ihm sicherlich nichts dabei passieren. Aber allzuviele so unruhige und lebhafte Menschen wie Lessing dürfen sich doch nicht mit ihm ein­lassen, wenn er noch späteren Generationen unbeschädigt erhalten bleiben soll. Das Märkische Provinzial-Museum hat den Lessing-Stuhl gern für sich erwerben wollen, aber die Besitzer der Weinstube haben sich niemals von den paar Brettern trennen mögen, die dadurch geheiligt wurden, daß der Dichter derMinna und desNathan sie in glück­lichen Stunden oft berührt hat.

Es ist richtig, daß ich mich um die Erlangung des Lessing-Stuhls für das M. M. vergeblich bemüht habe, aber es tröstet mich, daß er inzwischen an derjenigen Stelle, wohin er am besten gehört d. h. hier im Lessing-Museum eine würdige Aufnahme, hoffentlich für alle Zeit, gefunden hat.

Wie wir aus Nicolais sorgfältig bewahrten Hausakten, Briefwechseln und Erinnerungsbändern wissen, verkehrten bei Nicolai u. a. der zuvor schon genannte Dichter Ramler, der später durch sein Religions-Edikt übelvermerkte Minister von Wöllner, Biester, Herausgeber der weltbe­kannten Allgemeinen Deutschen Bibliothek, der Dichter von Göckingk, der alte Gleim, der Altertumsforscher Möhsen, der Historiker Oelrichs, der berühmte Arzt Heim, die Singakademiker Fasch und Goethes Freund Zelter, ferner Gottfried Schadow, der Generalstabsarzt Theden, der frei­sinnige Theologe Teller, der berühmte Kartograph Oelrichs und viele