Heft 
(1912) 20
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2"2. (15. aussevordentl.) Versammlung des XIX, Vereinsjahres. 77

andere verdienstvolle Männer, so daß das gastfreie Haus Brüderstraße 13 in der Tat als ein kultureller Brennpunkt Berlins bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts bezeichnet werden kann.

Als Friedrich Nicolai 1811 starb, lastete eine schwere Zeit auf Preußen, dennoch wußte Hofrat Parthev, Schwiegersohn des Besitzers, als er 1827 verschieden war, die Buchhandlung in blühendem Zustande an seinen Sohn Dr. Gustav Parthey zu übertragen, der als Gelehrter wohl bekannt, wiederum literarische Größen aller Art in seinen Verkehrs­zirkel zu ziehen verstand. Das ersieht man so recht deutlich aus seinen überaus interessantenJugenderinneruugen, die mir, wie erwähnt, im Jahre 1907 herauszugeben vergönnt war, und die ich in vieler Beziehung denErinnerungen eines alten Mannes von Kügelgen ebenbürtig an die Seite setzen möchte.

Es war mir gestattet, das merkwürdige, in seinem Innern mit liebe­voller Sorgfalt gepflegte Haus eingehend zu besichtigen. Unter den zahl­reichen Erinnerungsstücken daselbst, die dem Publikum so gut wie un­bekannt, sind, erwähne ich u. a. das Brustbild Friedrich Nicolais nach einer Bleistiftzeichnung seiner Tochter Wilhelmine von Daniel Chodowiecki angefertigt, das Spinett, au dem die Gattin gespielt, den Schreibtisch Nicolais, ein Schreibpult mit Schrank darauf, eine Sammlung der Ver­lagswerke, seine Hausakten und Handbibliothek, Stammbücher, Vivat­bänder, Brautkronen, Fächer, auch Kleider von beiden Eheleuten. Nicolai hat sich oft malen lassen, so finden wir schöne Porträte von Anton Graft' und Tischbein in Öl, Zeichnungen Chodowieckis, viele Silhouetten, die bekannte Urzeichnung Tischbeins: Goethe in Rom 1787 zum Fenster hinaussehend. Vielerlei mechanische und physikalische Apparate erblicken wir, z. B. einen sehr alten Globus und einen sinnreich konstruierten Schrittmesser für Nicolai bei seinen Reisen im eigenen Wagen, Rokoko- Schreibtische, einen Kleiderschrauk von seltener Form, eine altertümliche Standuhr, Sofas, verborgene Wandschränke und dergleichen.

Hat die Stadt Berlin mit Recht eine bronzene Erinnerungstafel Friedrich Nicolais an der Vorderfront anbriugen lassen, so finden wir, ebendaher gestiftet, dort noch eine zweite solche Tafel für einen deutschen Dichter und Helden, der uns Deutschen allen teuer und ans Herz ge­wachsen ist, für Theodor Körner, der ebenfalls hier im Hause verkehrte.

1811 kam er mit Grüßen seines Vaters, des Appellationsrates Körner, den Hofrat Parthey von Dresden her als innigen Freund verehrte, als willkommener Gast an, noch nicht ganz zwanzig Jahre alt. Er war, weil er auf der Universität Leipzig, um die Ehre bürgerlicher Studenten zu rächen, mit einem Adligen sich gemessen und einen Schädelhieb erhalten, relegiert worden und mußte, da die neue Berliner Hochschule zu den sogenannten Kompaktaten-Universitäten gehörte, die sich diszi­plinarisch zu unterstützen verpflichtet waren, bereits am 14. August 1811