22. (15. ausserordentl.) Versammlung des XIX. Vereinsjahres.
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worden ist. Eine glücklichere Stelle als liier, Brüderstraße 13, wo Lessing so oft verkehrte, konnte nicht gefunden werden. Auch ist es natürlich und erfreulich, daß das aufkeimende Theater-Museum an das Lessing-Museum vorläufig auch räumlich angeschlossen wird.
So zieht ein neuer und doch so historisch-alter Geist in das weihevolle Patrizierhaus ein. Möge ihm, wie bislang, der gute Genius loci erhalten bleiben. Ja wir hegen noch weiter den kühnen Wunsch und eine frohe Hoffnung, daß das gesamte Nicolai-Haus Brüderstraße 13 einstmals als eine Art Nationaldenkmal von der Stadt Berlin übernommen werden möge. Man könnte sich das so denken, daß die pietätvoll erhaltenen Zimmer und Wohnräume Nicolai Partheys mit ihrer altertümlichen Innenausstattung, Mobiliar, Bildern usw. des 18. und der ersten Jahrzehnte des verflossenen Jahrhunderts im wesentlichen als ein Nicolai-Museum also verbleiben wie alles dies zurzeit unter sorgfältiger echtdeutscher Frauenpflege ausgestaltet und behütet worden ist, und daß die übrigen Räume allmählich für das Lessing-Museum und das geschichtliche Deutsche Theater-Museum eingerichtet werden.
Dieser Vorschlag fand ungeteilten Beifall der Versammlung. Hierauf fand mit Genehmigung der Besitzerin des Hauses Fräulein Anna Parthey *), die leider wegen Kränklichkeit im Auslande verweilt, die Besichtigung der sehr weitläuftigen Baulichkeiten sowie des Gartens statt. Dieser ist für einen Garten in engbebauter Gegend ganz ansehnlich und kann als ein Typus altberlinischer bürgerlicher Gartenanlage angesehen werden.
Selbstverständlich erregte der Wallnußbaum, unter dem Theodor Körner 1811 und 1813 gedichtet haben soll, Interesse. Der jetzige Nußbaum daselbst hat hiermit nichts zu tun; er mag etwa 50 Jahr alt sein. Der alte Baum stand von der Eingangstür zum Garten rechts in der Ecke. Im Alter von 100 Jahren brach er um, wurde in der Höhe von etwa 1 / 3 Meter abgesägt und mit einer Holzplatte bedeckt, wie noch jetzt sichtbar.
Dieser eigentliche Körner-Wallnußbaum kann aber 1811 bereits ziemlich alt gewesen sein. Es wird nämlich erwähnt, daß sich in den Gärten, die sich an der Westseite der Brüderstraße nach der Friedrichsgracht zu hinzogen, Wallnußbäume befanden, wahrscheinlich aus der Zeit des Großen Kurfürsten, der ein leidenschaftlicher Förderer der Baumzucht war. Dies vorausgesetzt mag der Körner-Baum i. J. 1811 gut und gern ein Alter von 130 bis 140 Jahren gehabt haben.
‘) Die beiden in der Vorrede meiner Schrift am 1. März 1891 genannten Vorbesitzerinnen Frau Stadtgerichtsrat Parthey und deren Schwester Frau Veronika Paithey sind inzwischen verstorben, Frl, Anna Parthey ist die Tochter der erstgenannten Dame.