Blicken wir heute von der sicheren Warte unserer Seegeltung zurück zu jenem eigenartigen Zeitalter in dem Bewußtsein, daß Deutschlands Seemacht heute einen unvergänglichen Bestandteil unserer vaterländischen Wehrkraft bedeutet, und forschen wir, was uns aus jenen denkwürdigen Tagen an Reliquien und Erinnerungen altbranden- burgischer Seeherrlichkeit überkommen ist!
Wenig ist es allerdings. Aber diesem Wenigen nachzugehen, es zu sammeln und an dieser geweihten Stätte Ihnen vorzutiagen, war mir eine liebe und ehrenvolle Aufgabe.
Gilt es doch für mich damit der „Brandenburgs“ gegenüber, der ich gerade für dieses Thema so manche Anregung verdanke, einer Ehrenpflicht zu genügen. Gleichzeitig will ich mit meiner eigentlichen Ausarbeitung, der dieser Vortrag zu Grunde liegt, einen Baustein liefern zu einer See- und Kolonialgeschichte Kurbrandenburgs, die uns heute trotz mancher dankenswerten Anläufe noch immer fehlt.
Zur Einführung gestatten Sie mir, Ihnen einen kurzen historischen Überblick über die kurbrandenburgische Seemacht zu geben.
Der Gedanke, Brandenburg den Eintritt in die Reihe der Seemächte zu ermöglichen und praktische Handels- und Kolonialpolitik zu treiben, bewegte die Seele Friedrich Wilhelms schon seit den in dem seegewaltigen Holland zugebrachten Jugendjahren.
Hier lernte er so recht an der Quelle kennen, was Schiffahrt und Seehandel für das kleine und doch mächtige Seevolk bedeuteten.
Daher sein bekannter Aussprnch: „Seefahrt und Handel sind die fürnehmsten Säulen eines Estats.“
Zur Verwirklichung seiner maritimen Pläne trat der Fürst im Jahre 1675 mit Holland in Beziehungen. Holland war damals das gelobte Land in Bezug auf Seewesen, Kriegskunst, Staatskunde usw. Hier fand der Kurfürst denn auch bald eine für seine Pläne geeignete Persönlichkeit in Benjamin Raule, einem früheren Großreeder und Ratmann von Middelburg, der durch Kaperei schwere Vermögensverluste erlitten hatte; dem Ruin nahe wandte er sich an Friedrich Wilhelm und erbot sich im Jahre 1675, mit zehn Schiffen unter brandenburgischer Flagge gegen die Schweden zu kapern. Der Erfolg blieb nicht aus; in kurzer Zeit wurden 21 schwedische Schiffe aufgebracht. Der Kurfürst schloß nun in der Folgezeit wiederholt Verträge über Scharterung von Schiffen mit Raule ab, und diese Schiffe, die später in den Besitz des Kurfürsten übergingen und so den Grundstock einer eigentlichen brandenburgischen Flotte bildeten, nahmen im Bunde mit den Dänen tätigen Anteil an dem Seekrieg gegen die Schweden 1675—1678.
Leider brachte der Friede von St. Germaiu den Kurfürsten um all das schwer Errungene. Vorpommern mit seinen guten Häfen mußte er den Schweden herausgeben, dank den Machenschaften der eifersüchtigen