Reliquien und Erinnerungen aus der Zeit der kurbrandenburgischen Marine. 107
Seemächte. Dennoch liess der Kurfürst in seinen Bestrebungen sich nicht entmutigen.
Natürlich kostete die Marine Geld und abermals Geld — heute ist es in dieser Hinsicht ja auch nicht anders geworden. Als nun Spanien mit den dem Kurfürsten schuldigen Subsidien aus dem französischen Kriege im Rückstand geblieben war und Zahlung verweigerte, schritt der Kurfürst nach damaligem Brauch ohne weiteres zu Repressalien. Ein Geschwader ging 1680 von Pillau in See und kaperte mehrere spanische Schiffe, darunter den „Carolo Secondo“, ein 50-Kanonen-Schiff mit einer kostbaren Ladung Brabanter Spitzen, deren Erlös der Marihe- kasse den willkommenen Zuschuß von nahezu 100 000 Talern einbrachte.
Im folgenden Jahre versuchte ein anderes aus vier- Schiffen bestehendes Geschwader unter Thomas Alders die aus Westindien erwartete Silberflotte abzufangen. Statt ihrer kamen beim Kap St. Vincent zwölf spanische Orlogs in Sicht. Trotz der Übermacht griffen die Brandenburger unerschrocken an. Erst nach tapferem Kampfe, nach Verlust von 10 Toten und 30 Verwundeten, zogen sie sich zurück. Die kurbrandenburgische Marine hatte auf dem Ozean ihre Feuerprobe bestanden!
Wurde der Fürst durch solche Erfolge in seinem Vertrauen zu seiner jungen Seemacht bestärkt, so musste er auf der anderen Seite erfahren, daß die Besetzung von Emden und der Wettbewerb der Brandenburger das Mißfallen der Generalstaaten erweckte.
Namentlich war es die 1682 von Raule gegründete Afrikanisch- Brandenburgische Kompagnie, die in Guinea lebhaften Sklavenhandel und Goldeintausch betrieb und mit ihren Schiffen den Niederländern eine recht lästige Konkurrenz bereitete.
Die Folge waren endlose Reibereien, die ihren Höhepunkt erreichten, als Kurbrandenburg sich mitten im Interessengebiet der Holländer an der Goldkiiste festsetzte und dort allen Protesten zum Trotz Forts erbaute und Kolonien gründete.
Von den damals mit bewaffneter Macht zur Guineaküste entsandten Expeditionen interessiert uns besonders die vom Kammerjunker Major v. d. Groben, im Jahre 1682 geleitete.
Ihm verdanken wir die Gründung der Kolonie Groß-Friedrichsburg am 1. Januar 1683.
Leider sollten weder Flotte noch Kolonien dauernden Bestand haben. Mit dem Ableben Friedrich Wilhelms war die Seele der Seeunternehmungen dahin. Seinen Nachfolgern fehlte nicht das Interesse, wohl aber die Initiative, die Idee des großen Fürsten einer Neubelebung der Hansa auf erweiterter Grundlage weiterzupflegen; auch standen ihnen andere Aufgaben auf der Weltbühne bevor, die dringende Erfüllung heischten. Ungeachtet aller Sympathien für die Entwickelung
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