Brandenburglsche und andere Kiefern.
Von Elisabeth Lemke.
Vortrag in der Sitzung vom 23. November 1910.)
Geehrte Anwesende, schon damals, als ich etwa fünf oder sechs Jahre zählte, — es ist schon lange her — verwunderte ich mich nicht wenig darüber, daß man die Kiefern (oder vielmehr die „Eichten“, wie man in Preußen und in Kurland und zum Teil auch im Brandenburgischen Pinus silvestris L. nennt) mit Geringschätzung beurteilte, sobald sie Beziehung zu einem Garten hatten. Sie waren, während man heute unsere gemeine Kiefer als Parkbaum empfiehlt, unmodern geworden, und das ist eine Frage von großer Tragweite. Ich sah mit Staunen und Betrübnis, daß die hohen Bäume, die auf der obersten Terrasse unseres Gartens standen, gefällt wurden. Sie stimmten gewiss zu dem Gesamtcharakter der Landschaft und waren deu benachbarten alten Linden durchaus nicht im Wege gewesen. Doch nun wollte man sie los sein. Dann würde man sich doch nicht mehr über Krähennester so nahe am Wohnhause zu ärgern haben. Möglicherweise gehörten sie auch nicht zu den schönsten Kiefern. So fiel ein Baum nach dem andern. Stumm schaute ich vom Fenster unserer Kinderstube aus zu, und nie könnte ich den Anblick vergessen. Liebgewordene Zeugen meiner ersten Lebensjahre hatten das Recht an unsere gemeinsame Heimat verloren.
Das war Ostpreußen; da aber auf unserer Tagesordnung „Branden- burgische und andere Kiefern“ stehen, will ich zunächst der Mark gedenken, die viel mehr prächtige Kiefern hat, als mancher glauben möchte, dem nur die Eisenbahnfahrt Gelegenheit gab, diese Bäume hier zu schauen, was für ihn ein unvergeßlich ermüdendes Bild bedeutete.
Mehr oder minder dicht neben einander stehendes Stangenholz kann man nicht als etwas Poesievolles, Augen und Gemüt Erquickendes bezeichnen. Es mehren sich zwar in Kunstausstellungen usw. die Bilder mit Bäumen, von denen nur die untere Stammhälfte vorgeführt wird, und solche Darstellung kann angenehm auf unsere Einbildungskraft wirken, — das lebendige Stangenholz aber, wie es auch so viele märkische Kiefernwälder aufweisen, lässt uns sehnsüchtig nach Laub- kronen oder Buschwerk verlangen;