Brandenburgische und andere Kiefern.
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die das Nadelholz lieben. Beim Sammeln knieten wir auf den glatten Kiefernnadeln und manchmal auch auf Ameisen, die wir bei unserm Eifer ganz übersehen hatten. Die Kiefern über uns rauschten von Zeit zu Zeit auf; das klang, wie wenn jemand uns etwas zuflüstere. Ich höre es noch. — — Doch nun sind wir schon wieder bei den langen, weißen Fäden angekommen, die in der Luft herumfliegen und von denen das Volk in Spinnerinnen- und Mondsageu immer noch erzählen mag. Das Volk glaubt auch noch immer an „verrufene Stellen“; und in unserem Walde gab es eine solche Stelle, an der der Bauer J. aus dem Dorfe S. von rätselhaften Wesen Unheil erfuhr. Immer wenn er in der Stadt gewesen war, soll ihn sein Geschick ereilt haben, immer am großen Kratzelbeeren-Gehusch (Brombeerengebüsch). Die Wagenräder sollen daun nach oben gerichtet gewesen sein; schauderhaft! — Doch, aufrichtig gestanden, ich habe immer erwartet, daß auch ich dies Erlebnis haben würde; nie bin ich — wenn wir zur Nachtzeit durch den Wald heimkehrten — ohne Bangen an jener Stelle vorbeigekommen, denn auf der einen Seite des Weges war das Erdreich, in dem die Kiefern standen, so hoch über diesem Wege, daß die mächtigen Wurzeln heraustraten, was für die Wenktiner (Wanderer, Bettler) sehr nette Ruhesitze abgab. — Die Kiefernwurzeln werden arg gemißhandelt; man reißt sie unter der Moosdecke hervor, zieht sie nach Möglichkeit aus der Erde und hackt sie dann ab; mit Hilfe von festen, biegsamen Stäben werden aus den so gewonnenen Wurzeln Kartoffelkörbe geflochten. — Auch die Kartoffelernte geht vorbei. Das Laubholz (Bäume und Gesträuche, die wochenlang wie gelbe und rote Flammen in der Landschaft leuchteten, gibt seinen Blätterschmuck mehr und mehr dahin. Die Kiefer kann diesen Vorgang ruhig mitansehen; ihr Nadelkleid wird ihr nicht genommen. Doppelt reizvoll erscheint sie jetzt in ihrer ungestört bleibenden Art neben jenen, die mit herrlichen Farben zum langen, todesähnlichen Winterschlaf geschmückt wurden, täglich mehr von diesem Schmucke einbüßen und zuletzt kahl und farblos dastehen. — Mit verträumten Gedanken gehen wir dahin. Schon geht die Sonne unter. Da flammt es auch bei den Kiefern auf: Die Stämme leuchten in hehrer Schönheit. — — Immer kürzer wurden die Tage. Aber dann kam die Wintersonnenwende mit unserm lieben Weihnachtsfest; und dann begann der Siegeslauf des Lichts aufs Neue. Draußen türmte sich der Schnee. Die festgetretenen Pfade sind schon wieder durch neuen Schneefall unsern Blicken entzogen; aber wir wandern tapfer vorwärts. Die Holzfäller haben große, nicht gerade einwandsfrei aussehende, aber doch willkommene Fußspuren hintevlassen. Für empfindlich unter Kälte Leidende ist solche winterliche Wanderung zum Walde zuerst eine harte Prüfung, ganz gleich, ob strenger Frost herrscht oder weiche Schneemassen das Schuhwerk durchfeuchten oder Glätte die Aufmerksamkeit