Heft 
(1912) 20
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Elisabeth Lemke.

beständig herausfordert. Erst im Walde wird es besser, falls wir diesmal auf ein hin und her verzichten und uns lieber an einigermaßen gangbare Wege halten. Dann kommt auch jenes wunderbare Behagen über uns, das die reine Winterluft mit sich bringt, das uns hier im geschützten Walde mit beglückender Frische und Spannkraft erfüllt. Wenn aber Rauhreif die Umgebung verändert hat, gehen wir wie in einem Märchenland einher. Manchmal ist unser Weg durch aufgewehten Schnee versperrt, manchmal aber auch durch Bäume, die ein wilder Sturm niederriß, entwurzelte oder abbrach. Wie gestürzte Kämpfer liegen die Stämme da. Ja, der Sturm!Wie mit Pferdegetrappel und Peitschenknallen war er gekommen. Die wilde Jagd. Wir w'andern wohl zu den aufräumenden Arbeitern oder suchen die Holzfäller auf, die das Klafterholz und die Prissein (abgehackte Zweige) und die Stubben zu ordnen haben; wir reden über Nutzholz und Brennholz und natürlich auch über den großen Schaden, den der Sturm anrichtete. Aber einer und der Andere von uns (w T enn ihm die Volkskunde ein Stück Leben bedeutet) bringt das Gespräch auch auf die wilde Jagd und kann außerdem bei dieser Gelegenheit erfahren, daß sich gewiß wieder jemand aufgehängt habe; denn so etwas wird von altersher durch Sturm be­kannt gemacht. Herr Rektor Monko wird sicherlich die Freundlichkeit haben, als kleinen Nachtrag für unsere Vereinsschrift, die branden- burgischen Kiefern zu beschreiben, die er mir gegenüber erwähnte, in Zusammenhang mit Erhängten und Totgeschlagenen und andern Schrecknissen. Doch auf den ärgsten Sturm folgt Ruhe; und wenn nur erst Lichtmeß (2. Februar) vorüber sein wird, rückt man wieder der Frühlingsauferstehung näher. Dann wird die Sonne auch wieder das Kiefernharz heraustreiben, so daß sein Duft ein belebendes Element mehr für uns ist, die wir dem vielgeschmähten und doch zumeist so schönen Kiefernwalde zustreben.

Von den^Freuden, die uns ein jeder Wald gewähren kann, habe ich nur wenige herangezogen; Sie selber, geehrte Anwesende, werden sich das Bild vervollständigen und gleich mir von Herzen wünschen, daß die vorhin erwähnten Bestrebungen, die Wälder um Berlin herum (und wären es auch nur Kiefernwälder) zu erhalten, von Erfolg gekrönt werden.

Die ZeitschriftHaus, Hof und Garten*) brachte einmal eine hübsche, nach der Natur photograhierte AbbildungDie Kiefer als Parkbaum und bemerkte dazu:Gerade in der Mark Brandenburg, und ganz besonders um Berlin, wo die meisten Waldflächen nur mit Kiefern bestanden sind, findet der Käufer einer Baustelle oft eine Anzahl Kiefern auf diesem Grundstück. Diese großen Bäume sind bei der Anlage eines größeren

*) Haus, Hof und Garten, 21. April 1906.