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Elisabeth Lemke.
fressen (was besonders in Preußen und Bayern in sehr großem Umfang der Fall war) die Nadeln glatt weg von den Bäumen. Die glänzend braunen Puppen finden sich gewöhnlich in Ritzen der Rinde vor, eingeschlossen in einem zarten Gespinst („wie in einer Zelle“, — daher der Name). Im Verlauf von fünf Tagen hatte in einem Posenschen Bezirk die Forstverwaltung, mit Hilfe von Schulkindern, 132 000 Nounen- schmetterlinge, meist Weibchen, und etwa 2000 Kiefernspinner gesammelt und verbrannt.*) — Das graue Nonnen-Mänuchen ist kleiner als das Weibchen, dessen auf weißem Grund gezeichnete, schwarze Zickzacklinien gewiß sehr kleidsam sind. Jedes Weibchen legt in die Ritzen der Rinde 100—200 Eier, immer in Päckchen zu 30 — 50 Stück geordnet. Die Eier überwintern, und im April kriechen die Raupen aus. (Beim Kiefernspinner dagegen überwintern die Raupen, indem sie im Herbst am Stamm hinabkriechen und sich am Boden im Moose verstecken.) Jemand hat ausgerechnet, daß ein einziges Weibchen es in drei Jalireu auf 2 Millionen Raupen bringen kann, vorausgesetzt, daß kein Ränpchen umkommt. Die jungen Raupen leben anfänglich in Gesellschaft, sog. „Spiegeln“, beisammen. Doch bald trennen sie sich, um am Stamm in die Höhe zu kriechen und ihr Vernichtungswerk zu beginnen. Im Juni verpuppen sich die Raupen, und im Juli schlüpfen die Schmetterlinge aus**). — Wie viele Kriegsmittel wurden schon aufgeboten! Leimringe um die Stämme, Totquetschen oder Versengen des „Spiegels“, nächtliche Feuerstellen (zu denen die Falter eilen), Abklopfen auf ausgebreitete Tücher, ja, auch (z. ß. in Zittau) Benutzung von Scheinwerfern, die die Schädlinge herbeilockten, während die daneben aufgestellten Saugapparate die Falter in gewaltige Trichter hineinzogen***) usw. Zum Glück helfen viele Vögel (darunter auch die vielbefeindete Krähef) sowie Raubkäfer, Baumwanzen, Ameisen usw. mit.
Bevor Fichten und Tannen als Weihnachtsbaum benutzt wurden, begnügte man sich in vielen Gegenden mit Kiefern. E. M. Kronfeld sagt in seinem Buch „Der Weihnachtsbaum“: „In der preußischen Mark lieferte vor dem Ausbau der Eisenbahnen, statt der herzerquickenden Tanne, die zausige Sandkiefer, die der Märker unbeirrt „Dannenboom“ nennt, das Weihnachtsgrün. — Fichte und Tanne sind nachweislich zuerst im Jahre 1851 aus dem Thüringer Wald und dem Harz in Menge auf dem Berliner Markt erschienen und wurden erst von da ab Eigentum der großen Volksmasse. Als später einmal eine Dame nach einer märkischen Kiene in der „feineren“ Gegend des Gendarmenmarktes
*) Der Gesellige; 30. Aug. 1900.
**) Heimat und Welt; 4. Sept. 1907. (Danz. Ztg. .
***) Der Gesellige; 4. Aug. 1908. f) Heimat und Welt; 4. Sept. 1907. (Danz, Ztg.).