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Kleine Mitteilungen.
Aus der Geschichte Lichtenbergs. Interessante Einblicke in die Entwicklung eines märkischen Dorfes zur Stadt und zum Vororte von Groß- Berlin gewühlt die kürzlich erschienene „Geschichte Lichtenbergs“ vom Bürgermeister Dr. E. Unger*). Der Verfasser hat mit großem Fleiß das urkundliche Material zur Geschichte des Ortes gesammelt und eine populäre Darstellung der Vergangenheit Lichtenbergs geliefert, die nicht nur den Bewohnern des Ortes, sondern auch den märkischen Geschichtsfreunden willkommen sein wird.
Aus der Vorzeit Lichtenbergs ist außer einigen Grabfunden wenig erhalten, und was Unger über diese Zeit und die Vorgeschichte des Barnims sagt, ist im allgemeinen nur das, was man in der Einleitung zu märkischen Lokalchroniken immer findet, wobei auch manche veraltete Anschauungen, z. B. daß die Germanen keine Dörfer gehabt haben, mit aufgenommen sind. Über die Gründung Lichtenbergs hat der Verfasser nichts näheres feststellen können, doch nimmt er an, daß das Dorf nicht aus einer slavischen Siedlung erweitert ist, sondern eine neue deutsche Anlage sei, worauf auch der Name „to dem Lichtenberg“ hindeule. Urkundlich erwähnt wird Lichtenberg zuerst in einer Grenzberichtigung zwischen der Stadt Berlin und dem Dorfe Rosenfeldc (Friedrichsfelde) vom 24. Mai 1288, in der von der „distinctio agrorum villae Lichtenberge quae communiter ein markseheidte appellatur -1 die Rede ist. Besitzer des Dorfes war zu jener Zeit der Ritter Ruthenick, dessen Nachkommen bis 1390 in Lichtenberg begütert waren, und nach dem Tode des Zabel Ruthenick verpfändete Jost von Mähren das erledigte Lehen an die Edelleute Otto Pflug und Heinrich Horst, von denen es 1391 in den Pfandbesitz der Städte Berlin und Kölln überging. Unger schildert bei Erwähnung dieses Besitzwechsels die damaligen Land- und Besitzverbültnisse in Lichtenberg und führt dann aus dem Berliner Stadtbuch verschiedene Fälle an, die ein eigentümliches Licht auf die Bewohner des Kämmereidorfes werfen.
Eine besondere Rolle hat Lichtenberg weder in der märkischen noch in der berlinischen Geschichte gespielt, und die urkundlichen Nachrichten beziehen sich ausschließlich auf die dörflichen und kirchlichen Verhältnisse des Ortes. Erst im 30jährigen Kriege wird Lichtenberg wegen seiner Lage an einer wichtigen Heerstraße von den politischen Ereignissen berührt und von den Durchzügen der kaiserlichen und schwedischen Truppen, von Hungersnot und Pest so sehr mitgenommen, daß nach einem Bericht des Landreiters Ulrich Gärtner aus dem Jahre 1652 im Dorfe nur 9 Bauern und 9 Kossäthen ansässig waren, eine Einwohnerzahl, die sich 1696 auf 12 Bauern und 10 Kossäthen erhöht hatte Im 18. Jahrhundert bilden verschiedene Streitigkeiten der Lichtenberger Bauern mit dem Berliner Magistrat wegen der Hof- und Spanndienste und wegen kirchlicher Verhältnisse den Hauptinhalt der Geschichte des Ortes, und es ist interessant zu lesen, wie Friedrich Wilhelm I. kurz und energisch die Lichtenberger Bauern zum Gehorsam zwang. Im siebenjährigen Kriege mußte das Dorf 1760 einen Einfall der Russen unter
* E. Unger, Geschichte Lichtenbergs bis zur Erlangung der Sladtrechte. Mit Abb. und 1 Plan. 8°, IV, 172 S. Berlin, W. Weber, 1910. Brosch. 3,60 M., gebd. 4,40 M.