Heft 
(1912) 20
Seite
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Kleine Mitteilungen.

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Tschernitsehew erdulden, aber die Friedenszeit unter Friedrich dem Grollen brachte dem Ort namche Vorteile in wirtschaftlicher Beziehung. Der Ver­fasser bringt bei der Schilderung dieser Zeit verschiedene interessante Bei­trüge über den Stand der Land- und Viehwirtschaft, den Besitz und die recht­liche Stellung der Bauern und ihre Abgaben an den Berliner Magistrat und über die Kirchen- und Schulverhältnisse im Dorfe.

Wie es in Lichtenberg am Anfang des 19. Jahrhunderts aussah, mag folgende Schilderung bei Unger (S. 93 f.) zeigen:

Das eigentliche Lichtenberg zählte im Jahre 1801 27 Wohnhäuser mit 32<i Einwohnern, nämlich 14 Bauern, 10 Kossäthen, 5 Büdnern und 17 Ein­liegern; dazu kam noch der Schmied, Krüger und Mühlenmeister. Die Kolonie Friedrichsberg hatte 21 und der Kietz (jetzt zu Rummelsburg gehörig) 45 Ein­wohner. Ihr Leben war ein einfaches und kümmerliches. Mühsam mullten sie mit Frondiensten und grundherrlichen Abgaben aller Art noch sehr be­schwert, dem kargen Sandboden seine mageren Erträge abringen, welche sie meist nach Berlin auf den Markt brachten. Die Häuser waren klein und niedrig, fast durchweg aus Lehm gebaut und mit dichten Strohdächern ge­deckt. Im Orte befanden sich zwei öffentliche Brunnen, welche 1778 bezw. 1795 angelegt worden waren. Die Kosten (11 Taler 20 Silbergroschen und 343 Taler 5 Silbergroschen) wurden zu je einem Drittel von der Kirche, dem Gut und der Gemeinde getragen. Im Jahre 1790 beantragte der Kriegsrat von Lamprecht die Errichtung eines dritten öffentlichen Brunnens in der Nähe des Landhauses des Generals Möllendorf. Ein solcher seidringend not­wendig, da einesteils ein entstandenes Feuer nicht gelöscht werden könne, andernteils, wenn wieder Einquartierung kommen sollte, es eine Unmöglichkeit sein würde, so viel Wasser zu beschaffen, als zum Tränken der Pferde er­forderlich ist. Die Feuersgefahr in Lichtenberg wird auch besonders jetzt, da alle Scheunen voll sind, dadurch sehr vermehrt, daß des Sonntags und Montags eine Menge Handwerksburschen mit brennenden Tabakspfeifen in der Dorfstraße umherlaufen, und würde es daher höchst notwendig sein, gegen diese so gefährliche Übertretung der landesherrlichen Polizeigesetze die ernst­haftesten Maßregeln zu ergreifen. Die Gemeinde und ebenso die Kirche und der Kommissionsrat Schwahn als Besitzer des Gutes sprachen sich, da außer Lamprecht und einem Bauern Thiele sämtliche Eigentümer auf ihren Gehöften Brunnen hatten, gegen die Anlegung eines dritten öffentlichen Brunnens aus und verlangten vom Magistrat zu Berlin, daß Lamprecht angehalten werde, auf seine Kosten auf seinem Gute einen Brunnen anzulegen.

Interessant ist auch eine Schilderung, die Gutzkow (Aus der Jugend­zeit S. 294 f.) über den Weg von Berlin bis zum Dorfe gibt. Er schreibt: Flach, flach, kahl ist der Weg nach Lichtenberg Und doch lebt er im Jugendgedächtnis nur als eitel sonnenbeglänztes Kornfeld, als Schmetterlings­tummelplatz, als blauer Zyanen- und roter Mohnblumengarteri. Dies Durch­schreiten durch hohe Ähren, die sich in der Sonne wiegen und schwaden­weise bald auf diese, bald auf jene Seite sich im Winde senken wie wonne- voll dem Knaben, der noch so klein, daß er in ihrem Schatten wandelt, nur blauen Himmel über sich sieht und neben sich die Kornblumen mit ihrem blauen Johanniterkreuz auf der grünen Basthülle der Knospe, die roten