Heft 
(1912) 20
Seite
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Fragekasten.

Als erstes und letztes Resultat aller seiner Forschungen stand für ihn unwandelbar fest, daß die Mark Brandenburg nicht nur von Uranfang an ein deutsches Land gewesen, sondern auch durch alle Jahrhunderte hin, geblieben sei. Die wendische Invasion habe nur den Charakter einer Sturzwelle gehabt, durch die oberfillchlich das eine oder andere gelindert, dieser oder jene Name slavisiert worden sei. Aber nichts weiter. In der Bevölkerung, wie durch die Sagen von Fricke und Wotan bewiesen werde, habe deutsche Sitte und Sage fortgelebt, am wenigsten seien die Wenden, wie so oft behauptet werde, in die Tiefen der Erde eingedrungen. Ihre sog. Wendenkirchhöfe, ihre Toten­töpfe niedrigen Grades, wolle er ihnen zugestehen, alles andere aber, was sich mit instinktiver Vermeidung des Oberflächlichen, eingebohrt und ein­gegraben habe, sei so gewiß germanisch, wie Teilt selber ein Deutscher gewesen.

Seine Ultima ratioSemnonum waren 1012 Hauptfundstiicke, ein bronzenes Wildschweinsstück (Insigne superstitionis formas aprorum gestant), eine Münze: Imp. Coes. Trojano Optimo gef. zu Reitwein im Lande Lebus in einem Totenkopf etc.

Sein Gegner war der sarkastische Justizrat Turgany aus Frankfurt a. ()., der ob ernstlich oder nur aus Oppositionslust mehr panslavistische Vor­stellungen verfocht.

[Beiläufig meinte Fontane liief wohl den allerdings sehr sarkastischen Geheimen Justiz- und Kammergerichtsrat Torgani, unter dem ich noch als Assessor auf dem Kammergericht gearbeitet und dessen Familie ein noch jetzt vorhandenes altes Erbbegräbnis auf einer Insel im Rittergutspark von Fredersdorf an der Ostbahn besaß. Das Gut gehört zur Zeit der Frau Generalleutnant Julie Bothe, gebornen Verdrieß],

Neuerdings wurde die obige Frage bejaht von Rudolf Virchow, von Wilhelm Schwartz, von Dr. Kiekebusch, von mir und anderen Altertums­forschern.

Übrigens irrt der gute P. Seidentopf gerade in dem was er den Wenden großmütig konzediert. Denn die sog. Wendenkirchhöfe mit ihren Totentöpfen und Leichenbrand darin rühren nicht von den Wenden her, sondern sind germanisch und zumeist aus vorchristlicher Zeit. Der berühmte mecklen­burgische Archäologe Lisch war wohl der letzte Altertumsforscher von Fach, der dieWendenkirchhöfe den Slaven vindizierte. Die Wenden haben, wenigstens zumeist bei uns ihre Toten unverbrannt beerdigt. Th. Fontane hat von dergl. archäologischen Fragen so gut wie nichts verstanden.

E. Friedei.

Berichtigung:

Die Anmerkung auf Seite 113 gehört zu Seite 114 hinterverkauft (5. Zeile von oben).

Für die Redaktion: Dr. Eduard Zache, Cüstriner Platz 0. Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.

Druck von P. Stankiewicz Buchdruckerei, Berlin, Bernburgerstr. 14.