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1. (1. außerordentl.) Versammlung des XX. Vereinsjahres.
Auch die dem St. Andreas geweihte Stadtkirche, die von den Teilnehmern der Wanderfahrt dann besucht wurde, hat vor kurzem ein neues Gewand angelegt und ist außen und innen erneuert worden. Die Bauarbeiten wurden, wie Konsistorialrat Schaper in einem kurzen Vortrage in der Kirche ausführte, vom Baurat Kern in Steglitz geleitet, die Malereien wurden von Prof. Oettken ausgeführt und die Schnitzarbeiten an Kanzel und Orgel, an Gestühl und Emporen von dem Teltower Meister Mattausch, einem geborenen Badenser, angefertigt. Die Kosten der Erneuerung der Kirche, die am 26. Februar 1911 eingeweiht wurde, betrugen 70000 Mk. Das Außere des im 13. Jahrh. erbauten Gotteshauses ist vom Putz befreit und als Granitquaderbau wieder hergestellt worden, das Innere ist farbig ausgemalt worden und hat statt der geraden Balkendecke ein hölzernes Tonnengewölbe mit Arabeskenmalerei erhalten. Außer der von Mattausch geschnitzten Kanzel und Altarwand enthält die Kirche einen hölzernen lebensgroßen Kruzifixus an der Chorwand über dem Altar, ein Altarkreuz und 4 Altarleuchter aus Messing, mehrere schmiedeeiserne Hängeleuchter und schöne farbige Glasfenster. Der nach einem Brande (1801) im Jahre 1812 erbaute Kirchturm trägt als besonderen Schmuck eine eiserne vergoldete Krone, die früher von Gold gewesen sein soll, aber 1670 nach dem Einsturz des Turms durch eine kupferne und 1812 durch eine eiserne ersetzt wurde. Uber den Ursprung dieses eigenartigen Turmschmucks, nach dem die Stadt jahrelang „Kron- Teltow“ genannt wurde, hat sich nichts ermitteln lassen, und die Sagen, daß Karl der Große bei Teltow sein Kronzelt aufgeschlagen, oder daß Kaiser Karl IV. die Krone der Stadt zur Erinnerung an die dort erfolgte Niederkunft seiner Gemahlin Elisabeth verliehen habe, sind als bescheidene Erklärungsversuche anzusehen*). Auch die Erklärung, die Pfarrer Muhs in einer Schrift „Aus der kirchlichen Vergangenheit der Stadt Teltow“ (Berlin 1910) auf S. 4 gibt, daß Markgraf Hermann, um die Stadt Teltow auch äußerlich als landesheridichen Besitz zu bezeichnen, dieser um 1300 die Krone als Kirchturmschmuck verliehen habe, dürfte nicht zutreffen, da eine solche Verleihung nicht urkundlich bezeugt, auch sonst nicht üblich gewesen ist.
Die mannigfachen Schicksale der Teltower Kirche und ihrer Turmkrone hat u. M. Landesbauinspektor W. Wulff in Lankwitz in einem Gedicht besungen, das bei der Eröffnung des Teltow-Kanals am 2. Juni 1906 vorgetragen wurde und dessen erste Hälfte folgendermaßen lautet:
Kronen-Teltow 1806 — 1906.
Goldig blinkte lange Jahre,
Trotzend Wettersturni und Blitze,
Einst zu Teltow eine Krone An des Kirchturms höchster Spitze.
*) Vgl. dazu Fidicin, Territorien I, S. 23.