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Kleine Mitteilungen.
gesagt. Aber er selbst hat bedauernd hinzugesetzt: „Es fragt sich nur, ob ihre Stimme uns noch verständlich bleibt". Drei Forderungen vornehmlich sind als methodisch grundlegend zu bezeichnen:
1. Die Feststellung aller Formen, unter denen der Name in der Überlieferung erscheint.
2 Die Sammlung ähnlicher Namen aus dem betreffenden Sprachgebiet.
3. Die Kenntnis der Elemente dieser Sprache, d. h. die Beherrschung der historischen Grammatik, vor allem der Nominalkomposition')- Für das Studium der märkischen Ortsnamen kommt vor allem das Drawenische (Polabische) in Betracht.
Schwerlich wird man diese drei Forderungen übertrieben nennen; wie nötig es aber auch ist, sie aufzustellen und auszusprechen, wird man besonders empfinden, wenn man die Verirrungen kennen lernt, die sich in der Forschung finden.
Wahre Orgien von Torheit feiert die Pseudogelehrsamkeit in der Erklärung des Namens Potsdam. J. Egli gibt in seinen „Nomina geographica" einen kleinen Überblick, doch ist er durchaus nicht erschöpfend.
Selbst das Griechische ist zur Deutung herangezogen worden. Ein Regierungsbaurat Krüger in Schneidemühl denkt in einem Aufsatz „Die Mark Brandenburg im dritten Jahrhundert’) an die Zusammensetzung t«i«« $uu* * d. h. Trinkhaus oder Wirtshaus. Ähnlich erklärt er Barnim aus ßd^v und »iftu, schwere Weide, Berlin ßd^ittt schweres Netz. Vielleicht hat er dabei an Petri Fischzug gedacht.
Nichts ist aber so töricht, daß es nicht Gläubige fände, wie man in einem Aufsatze von Hans E. v. Seltzer-Stahn 1908 sieht 8 ;, wo es heißt, daß die „aus • Griechenland und vom Schwarzen Meer kommenden sehr gebildeten Goten"-diese Kenntnis mitbrachten. Die Geschichte weiß von einem solchen Zuge nichts.
Fast ebenso große Absurditäten hat die Ableitung aus dem Keltischen gezeitigt.
Der als Germanist verdienstvolle Franz Joseph Mone richtete in der Mitte des vorigen Jahrhunderts durch sein völlig verfehltes Werk „Die gallische Sprache und ihre Brauchbarkeit für die Geschichte" (1851) und die „Keltischen Forschungen" (1857) auf einige Jahre die größte Verwirrung an. Man fabelte von einer keltischen Besiedelung des ganzen jetzigen Norddeutschlands in vorgermanischer Zeit. In Wirklichkeit ging aber das Gebiet keltischer Siedelungjnur unbedeutend über die Weser nach Osten vor in einer Zeit, wo das Land östlich von der Weser schon von Germanen bewohnt wurde.
') Unter den Forderungen, die W. Ohnesorge in seiner sorgfältigen, aber zu einem falschen Ergebnis gelangenden Untersuchung über den Namen Lübeck (Jahresbericht des Katharineums zu Lüb. 1910; aufstellt, kommt die hier als dritte bezeichnete Forderung nicht zu dem ihr gebührenden Recht.
*) Mitteilungen des. Vereins f. d. Gesch. Potsdams I.
3 ) Ebenda N. F. IV. 3, S. 133.