Kleine Mitteilungen.
213
Wie verbreitet aber die Keltomanie war, erkennt man daraus, daß sogar eine so angesehene Zeitschrift wie „Herrigs Archiv für das Studium der neueren Sprachen" einen Aufsatz annahm von G. Liebusch, der die Ortsnamen der Mark Brandenburg aus dem Keltischen erklärte 1 ). Mit unverfrorener Sicherheit werden hier zunächst eine Reihe völlig unbewiesener Behauptungen aufgestellt. 1. Das Altslawische, bestimmter das Altwendische, ist mit dem Keltischen ein- und dieselbe Sprache; 2. die suevischen Semnonen sind Wenden gewesen; 3. das Keltische zeigt fünf Stufen des Vokalismus: u, o, a, e, i, nach denen die Wörter ihren Stammvokal ab wand ein. Nun müssen sich selbst so urdeutsche Namen wie Mittenwalde, Landsberg, Fürstenwerder die Ableitung aus dem Keltischen gefallen lassen. Potsdam aber wird auf folgende Art erklärt. Die Silbe dam ist das keltische dunum Stadt (nach Dieffenbach und Glück vielmehr Hügel); pots heißt auch Ort und ist eine Zusammenziehung aus po (an, bei) und ota. ota ist aus altem uta (nach dem Vokalgesetz eigener Erfindung) erstanden. Auf dieser Stufe ist Buda (Ofen a. d. Donau) stehen geblieben, pota wurde augmentiert zu potiza (vgl. Budiza Bautzen), daraus wurde potisa und verkürzt pots. Auf diese Weise kann man denn alles, was man will, erklären. Schon der erfahrene Slawist Ignaz Petters hat diesen Nonsens verdientermaßen abgefertigt. Herrigs Archiv 41, S. 113 ff. Daß nicht alle Keltomanen so töricht waren, zeigt C. A. F. Mahn, Etymol. Untersuchungen über geogr. Namen (Berl. 1856), der Potsdam aus dem Slawischen erklärt, Berlin allerdings aus dem Keltischen.
Sehr bestechend ist die Ableitung des Namens aus dem Germanischen. Es ist bekannt, daß in den Niederlanden Ortsnamen auf dam häufig sind; ebenso begegnen Bildungen auf pot häufig 5 ) Joh. Leonh. Frisch sprach in seinem Teutsch-Lateinischen Wörterbuch 3 ) die naheliegende Vermutung aus, es habe hier früher ein Damm gelegen, nach dem der Name gegeben worden sei, auf ähnliche Weise erklärt er sich Amsterdam u. a. Wenn das auch hin fällig ist, weil holl, dam wohl schwerlich mit Damm in Verbindung zu bringen ist, so denkt man doch unwillkürlich an die holländischen Kolonisten, die im 12. und 13. Jahrhundert in diese Gegend kamen.
Ein entscheidender Grund aber spricht gegen die Herleitung aus dem Germanischen, das ist die Form Potstamb u. a., unter der der Name bis in das 17. Jahrhundert hinein erscheint, und neben der die Form auf dam nur ganz vereinzelt auftritt. Die holländischen Ortsnamen aber treten nie mit einem b am Schlüsse auf, ebenso wenig das Wort Damm oder mittelhochdeutsch tarn. Es ist auch anzumerken — da es immerhin nicht ganz ausgeschlossen ist, daß das holländische dam mit unserem Damm verwandt ist — daß in der Altmark, einem Gebiete starker holländischer Siedelung, das Wort Damm ganz ungebräuchlich gewesen zu sein scheint; wenigstens führt Danneil es
>) Bd. 39 (1866) S. 129 ff.
«) Das Potsdam bei Rietveld in Südholland ist spätere Gründung; in der Nähe ein Kopenhagen: Gütige Mitteilung des Herrn Notar Fuhri-Snethlage in Woerden (Südholland).
8 ) Berl. 1741 Bd. I s. v. Damm.