Kleine Mitteilungen.
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Der Professor der Agrikultur an der Universität Leipzig, Viktor Jacobi, veröffentlichte 1856 ein Buch „Die Bedeutung der böhmischen Ortsnamen für Sprach- und Weltgeschichte“. In diesem Buche versucht Jacobi das Vorhandensein einer uralten Ortsnamensprache der Welt zu beweisen und bezeichnet das Tschechische als diejenige Sprache, die ihr noch am nächsten stehe. Es bedarf hiernach nicht erst der Bemerkung, daß mit Hilfe des Tschechischen nun auch die Ortsnamen in Afrika und Amerika erklärt werden, um zu erkennen, daß das Buch nicht ernst zu nehmen ist. Die wunderliche Art des Verfassers geht schon aus der Widmung des Buches hervor: „Dem, der alles so natürlich gemacht hat und den Manen meiner elterlichen Eltern“ (damit will er seine Eltern als Idealeltern bezeichnen), 1 ) Er hält es für seinen besonderen Vorzug, nicht Philologe zu sein, auch müßte jedem Gebildeten die „innere Nichtigkeit“ einer Sache erwiesen sein, wenn sie von einem Nachkommen Moses Mendelssohns und Friedrich Heinrich Jacobis vertreten wird.
Schon in dem genannten Werke geht Jacobi auf Potsdam ein. Ausführlich aber läßt er sich in einer besonderen Schrift aus: „Ortsnamen um Potsdam. Vom Standpunkte der Terrainplastik und der Ansiedlungspraxis“ (Lpzg. 1859). Der Name ist nach Jacobi auf folgende Art zu erklären, pot = unter, stupen = Stufe oder als Verbalsubsentiv staupenj (?) = Abstieg; also Poztupimi unter dem Abstieg, Abfall der Höhen. Diese gezierte und wissenschaftlich unhaltbare Deutung wurde von Jacobi mit viel Temperament gegen einen Fachmann verfochten, den Lektor der slawischen Sprachen in Berlin, Cybulski. 2 ) Auffallenderweise aber gehen Slawist und Nichtslawist garnicht weit auseinander.
Es ist falsch, daß die Endung i, wie Cybulski sagt, lateinisch sei, während sie tatsächlich slawisches Bildungssuffix ist. Cybulski geht aus vom Stamm stati = Stare, davon abgeleitet stupiti = incedere; dies wird im Dra- wenischen nasaliert zu stapiti (stompiti). Po-stupiti, postapiti (postompiti) = weiterschreiten, postep — Fortschritt. Zur Auswahl aber bietet Cybulski noch eine andere Deutung: pod-stupit (stapit [stompit]) = untertreten, heran - treten; pod-step der Herantritt, Heraufgang oder Übergang von einer niederen Lage zu einer höheren.
Größerer Verbreitung hat sich die Deutung „unter den Eichen“ zu erfreuen (dub). Sie geht aus vonfdem Pastor Schindler zu Werben (Lausitz) von 1770 3 ). Nun soll nicht geleugnet werden, daß sich im slawischen Sprach-
') Höchst erheiternd ist der Streit um die Deutung des Namens Berlin, der sich durch den Jahrgang 1859 der Augsb. Allg. Ztg. hindurchzielit.
s ) Slawische Ortsnamen der Insel Potsdam u. d. allernächsten Umgegend. Berl. 1859. (Auch in Fidicins Territorien d. Mark Brdbg.)
a ) Mag. Sam. Gerlach,- Gesamlete Nachrichten III, S. 3 (1776). G. gibt uns in seinen Ges. Nachr. und in den Collectaneen (gedr. Mitt. d. Vereins f. die Geschichte Potsdams N. F. III) noch eine Fülle anderer Erklärungen, zum Teil den ärgsten Galli- mathias (s. auch sein Progr. des Lyceums 1746).