6 (4. ausserordentl.) Versammlung des KK. Vereinsjahres.
Dienstag, den 13. Juni 1911 Besuch der Römerschanze bei Potsdam.
Die zahlreichen Teilnehmer fuhren von Potsdam mit dem Stern- Dampfer bis zum Gasthaus zur Römerschanze und setzten dann von Nedlitz mit dem Motorboot nach dem jenseitigen Ufer des Königswaldes über, um die geheimnisvolle Römerschanze von allen Seiten genau zu würdigen. Es linden in und außen an diesem uralten, zweifellos unter Benutzung günstiger Bodenverhältnisse von Menschenhand angelegten, Bollwerk bekanntlich seit einigen Jahren sorgfältige Ausgrabungen statt, um nach Möglichkeit die ihm ursprünglich gegebene Gestalt festzustellen und den Anteil zu ermitteln, den Germanen und Slawen au seiner Entstehung und Benutzung haben. Wie höchst wahrscheinlich von jeher, liegt das Werk im dichten Walde, gegenwärtig inmitten einer Umgebung der herrlichsten alten, hohen Kiefern, ausgezeichnet durch die diesem Nadelholz im Vergleich zu Tanne und Fichte eigentümliche Mannigfaltigkeit der Formen, phantastische Verästelung und rotbraune Rindenfärbung. Nur mit seiner nach Nordwest gerichteten, steil abfallenden Front tritt der hohe Steilwall der Römerschanze hart an das Wasser heran und gewährt von oben einen Aus- und Rundblick, der auch durch ähnliche märkische Landschaften verwöhnte Augen entzückt.
Der Direktor im Königlichen Museum für Völkerkunde, Professor Dr. Schuchhardt, Leiter der Ausgrabungen, war in liebenswürdigster Weise bereit gewesen, die Gesellschaft zu führen. Er orientierte sie zunächst durch einen kurzen Vortrag, aus dem hervorging, daß die- „Römerschanze“ (der Name scheint eine Verdrehung des Wortes Räuberoder Röwerschanze) von Germanen vielleicht etwa einige Jahrhunderte vor Beginn unserer Zeitrechnung als eine Feste angelegt, bewohnt und benutzt, nach der Völkerwanderung aber von Wenden bezogen, in'wesent- lichen Punkten verändert, meist verschlechtert, ersichtlich jedoch noch zu Schutz und Trutz verwertet worden ist. Von der Wiedergewinnung des Landes durch die Deutschen an scheint die Römerschanze verlassen
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