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6. (4. außerordentliche) Versammlung des XX. Vereinsjahres.
von der Verschlechterung geben kann, welche die Toranlage später erlitten hat. Noch wurde auch zum dritten Tor gewandert und auf dem Wege dahin jener oben erwähnte Aussichtspunkt, jetzt durch eine Ruhebank ausgezeichnet, besucht. In seinen Daukesvorten an Professor Schuchhardt, der mit unermüdlicher Beharrlichkeit alle an ihn gerichteten Fragen beantwortet hatte, hob Geheimrat Friedei die bemerkenswerte Tatsache hervor, daß gegenüber den damals verbreiteten mehr oder weniger phantastischen Deutungsversuchen der Römerschanze schon um das Jahr 1840 der Sagensammler Karl von Reinhardt die Vermutung ausgesprochen habe, das Bollwerk wäre von den Semnonen hergestellt und die Wenden hätten sich später seiner bemächtigt. Der Germanist Adalbert Kuhn habe sich 1848 dieser Auffassung in seinen Märkischen Sagen angeschlossen, ebenso sein Schwager, unser verstorbenes Ehrenmitglied Wilhelm Schwartz. Rudolf Virchow und E. Friedei gruben in und bei der Römerschanze in den achtziger Jahren v. J. germanische und wendische Gefäßreste von Ton ans, die z. T. im Märkischen Museum liegen.
Herr E. Friedei bemerkte noch: Schon auf der bekannten Karte von Suchodoletz von 1683 ist der Name „Königswal“ bei der Römerschanze eingetragen. Bekmann in seiner Beschreibung der Churmark Brandenburg, 1751, 1. 449 spricht von der „Königsschanze“. Dies sind keine unverächtlichen Zeugnisse für die Volkssage, daß der letzte Wendenkönig im Königswall gehaust und daß in deren Nähe die letzte Entscheidungsschlacht vorfiel, in der deutscherseits die wendische Herrschaft endgültig überwunden wurde. Die Spuren der Sage lassen sich von der Hevellerfeste Brandenburg mit Pribislaw und Albrecht dem Bären über Nedlitz und die Römerschanze fort bis Pichelsdorf, Picheiswerder und Spandau verfolgen. Es ist ein glücklicher Zufall, daß damit das Gelände berührt wird, auf dem das vaterländische geschichtliche Schauspiel Eberhard Königs „Albrecht der Bär“ wurzelt, das von der Brandenburgs auf dem Picheiswerder gegenüber Schildhorn zur Zeit aufgeführt wird und die letzten Kämpfe zwischen Heiden und Christen, Wenden und Deutschen, angelehnt an die Jaczo-Sage, in ergreifender Weise uns vor die Augen führt. — Die anwesenden Altertumsforscher, darunter Herr Geheimrat Dr. Behla, der Burgwallforscher, und Herr Dr. Kiekebusch, der Erforscher der germanischen Ansiedlung bei Buch, hatten Gelegenheit, ihre Erfahrungen auf diesem hochbedeutsamen Burg- oder Königswall auszutanschen.
Nach herzlichem Dank an Herrn Direktor Dr. Schuchhardt kehrten die Teilnehmer wiederum mit dem Dampfschiff von Nedlitz nach Potsdam zurück.
[Nachträglich fügen wir eine Äußerung des Herrn Direktor Dr. Schuchhardt im B. L.-A. vom 18. Juli 1911 bei: Während in der