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Karl Wilke.
Oder sehr oft ihreu Hauptlauf veränderte, mehr auf die Berge zulenkte, um diese, wie noch heute, ab und zu Tal zu tragen. Daher wird es erklärlich, wenn die Diözesen Brandenburg und Kanimin sicli wegen der schwankenden Grenze in den Jahren 1230—1250 in den Haaren lagen. Dieser Streit um nicht gerade wertvolle Terrains leitete das erste Vordringen der Askanier in die Neumark ein zur Zeit Markgraf Otto I., als dieser mit dem polnischen Herzogshause in Familienbezielmngen trat. Dieser ganze Zwist zwischen den beiden Kirchenfürsten trug aber auch zum Verfall des Oderberger Gottesstadtklosters bei, förderte seine Verlegung an den Parstensee nach Pelitz, wo Cisterzienserrnönche statt der Prämonstratenser wirkten. Derselbe führte dann zu jener merkwürdigen Grenze der Neumark bei Oderberg, die die Erbauung des Schlosses Oderberg auf dem südlichen Ufer der Oder sicherte. Oderberg durch sein Schloß wurde deswegen im Landbuch von 1375 schon als „transodera“ belegen angesprochen.
23. Der Elenden-, Pesten-, Fremden-, Schiffer- oder Franzosenkirchhof. Alle diese Namen führte die sandige Landfläche, an dem Berghange nördlich von ßardin, Ballhof und Ziegenwerder belegen. Jetzt minderwertiges Ackerland, zum Teil Turnplatz der Oderberger Stadtschule. Ich halte diesen Kirchhof für den Standplatz des ehemaligen Hospitals von 1231, das im Jahre 1372, weil hier zwecklos geworden durch Ablenkung der Landstraßen, nach Kloster Cliorin verlegt ward. Nach alten Urkunden hat das Hospital mit dem Gottesstadtkloster auch nicht einmal Nachbarschaft gehabt, sondern hatte einen anderen Standplatz als die Klostergebäude selbst.
24. Der Ball- oder Balleihof. Gehörte ehemals zum Hospital und unweit davon belegen, jetzt gutes Gärtnerland und alter Kulturgrund. Wie sein verstümmelter Name schon besagt, stand hier ein Unterkunftsgebäude für gesunde Reisende, in früheren Zeiten für Kreuzfahrer aus Deutschland oder umgekehrt, die nach Preußen oder Livland wollten und hier in Oderberg an der westlichsten Stelle den Oderstrom überschritten, hierfür häufig geeignetes Wetter oder bessere Zeit ab- warten mußten. Eine uralte Oderbarre und Fui’t ist vorhanden, die alte Meerstraße von der Elbe übersetzte hier die Oder. So lange nun Prämonstratensermönche das Gottesstadtkloster und Hospital besaßen, waren die Kreuzfahrer gern gelitten, aber das änderte sich, als die Cisterzienser hier Macht bekamen. Um den Besitz von Preußen waren damals zwischen Cisterzienser- und Ritterorden Zwistigkeiten ausgebrochen, weil die vorangegangene Cisterzienserkolonisation dort Fiasko gemacht und vom Ritterorden abgelöst ward. Die Cisterzienser verdrängten die Prämonstratenser aus Oderberg und das Hospital geriet in Verfall, weil die Kreuzfahrer nicht mehr hierher kamen, sondern