Heft 
(1912) 20
Seite
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Kleine Mitteilungen.

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HochEdler Hochgelehrter Herr

Mein Insonders wertheschätzter Freund!

Ich kann aus Dero langwierigem Stillschweigen nichts anders schließen, als daß Sie und mein alter ehrlicher Freund der Herr Wirbitz mein vom 21. May datirtes Schreiben nicht müßen erhalten haben. Wo die panduren geglaubt haben geheime Staatsaffairen darin zu finden, so freue ich mich, daß sie sich dießmahl betrogen, doch wäre es eben keine absolute Noth- wendigkeit gewesen, daß solch liederliches Gesindel Briefe guter Freunde durch suchte. Doch wozu dienet dieser Eifer? es hat mir von diesen doch nicht verbothen werden können, dasjenige nochmals zu schreiben, wenn sie Lust haben, es nochmals zu lesen, so können sie herkommen. Dem Höchsten sey Danck daß Ihnen der Paß verhauen worden, ob sie gleich denen lü­genhafte Berichten biß unter die Canonen an Breßlau streiften und Contri- bution ausschreiben sollen. Es ist wahr, sie kommen nicht nur biß unter die Canonen von Breßlau, sondern sie kommen auch würklich hinein, aber Con- tributionen schreiben sie nicht aus, denn die haben sie genug bekommen, und ihre mit Bluth bespritzten Kleider sind Zeugen davon, und sie fangen es nun an zu zugestehen daß die preufsen keine solche furchtsamen Leute sind, wie ihnen vorher weiß gemacht worden. Aber warum falle ich Ihnen mit einer Beschreibung von Leuten beschwerlich, bey denen man wenig Mensch­lichkeit antrifft? Ich will lieber mein Vergnügen in der Erinnerung unserer alten Freundschaft suchen und Ihnen bitten, dieselbe doch nie aufzuheben, von meiner Seite versichere Ihnen ein gleiches. Ich lebe in den Breßlauischen Mauern noch ziemlich vergnügt, aber wer weiß wie lange. Ich habe schon von weitem ein Vögelchen singen hören, als würden wir mit nächsten nach Oberschlesien zum Nassauischen Corps stoßen, alß wo unser General auch commandirt. Der Höchste hintertreibe solches. Bey der Armee in Böhmen ist gottlob noch rechte gute Zeit und wird von hier aus täglich auch pro- viant, fourage und Geld dahin abgeführet. Gott gebe unserm allergnädigsten Könige fernerhin Glück und Sieg wider seine Feinde, a propos Wen haben die Berliner zum Kayser erwählt? hier wählt man täglich einen andern, und es kommt nie zu Stande, Was beweißt das? (Name unleserlich) muß ein wankelmüthiger Mensch seyn. Sollte die Antwort wohl ihre Richtigkeit haben? Ich überlaße sie Ihrem Urtheile. Wir bekommen hier viel Niederrheinische Gulden unter dem Tractamente, auf welchen die rubric steht da pacem do­mine diebus nostris, und ich schäme mich einen auszugeben, weil ich glaube, daß der Friede desto eher erfolgen werde, wenn ich viele dergleichen be­sitze, weil ich sie aber doch ausgeben muß, so glaube ich immer daß der Friede noch weit entfernt sey. Wundern Sie sich nicht, daß ich so auf­geräumt bin; ich divertire mich heute ganz solo mit Kottwitzer Bier, so wir hier jetzt bekommen können, ich glaube, ich würde noch vergnügter seyn, wenn ich es in Berlin bey Ihnen trinken könnte, vielleicht hätte es mehr spiritus als das hiesige. Wie geht es Ihnen denn, werthester Freund, ich versichere, daß ich an Ihrem Glück aufrichtig theilnehmen werde. Was macht denn der alte Wirbitz? Habe ich 10 000 Thl. gewonnen, oder nicht? Das letztere glaube ich. Hat er die Lose erneuert? Was bin ich schuldig? Ich