8. (6. außerordentl.) Versammlung des XX. Vereinsjalires. 285
Im alten Tiefbau, d. h. westlich von der Kreuzbrücke, hat sich im Laufe der letzten zehn Jahre sehr viel verändert. Die oberste Sohle ist nur noch dicht neben der Brücke und am anderen Ende vor den alten Kalköfen zu erkennen, weil die zweite Sohle, die 30 m tiefer liegt, cshon den ganzen Bruch einnimmt. Und in ihr hat man dicht neben der Brücke eine neue Sohle bis auf 16 m Tiefe niedergebracht. Wie in die Tiefe so schreitet die Ausbeute des Lagers auch in die Breite vor, denn an der Südwand ist in der Höhe der obersten Sohle eine neue Arbeitsstätte eröffnet worden, die schon bis zur Grenze des Turnplatzes vorgerückt ist.
Solange die Arbeiten sich in der Höhe der obersten Sohle hielten, verband ein Kanal den Bruch mit dem Kesselsee am Südabhange, und es war durch die Südwand ein Tunnel angelegt worden, der vom Jahre 1806 bis zum Jahre 1897 bestanden hat.
Gerade über der Tunnelsohle befindet sich die neue Arbeitsstätte, und es finden sich hier weite Flächen, wo der Abbau dem Fallen der Schichten folgt, weshalb man die Grenzfläche zweier Bänke gelegentlich beobachten kann. Sie präsentiert sich als eine glatte Platte mit seichten Trockenrissen, die entstanden sind als das Wasser zur Zeit der Ebbe zurücktrat und der Schlick der Luft ausgesetzt war.
Aus dem Tiefbau führt ein Schlangenpfad die Böschung in die Höhe, der z. T. ein echter Gebirgspfad ist, weil er auf festem Gestein und zwischen Gesteinstrümmern sich aufwärts windet. Von der obersten Kante bietet sich ein reizender Blick auf das Rüdersdorfer Tal vom Kessel-See abwärts mit den Häusern, den Gärten und der Wasserstraße. Neben der Promenade, die am Rande der Böschung entlang führt, stehen Bänke und Schutzpavillons und dazwischen das Kriegerdenkmal sowie der Torell-Stein. Letzterer hält das Gedächtnis an den schwedischen Naturforscher aufrecht, der am 3. November 1875 nach der Besichtigung der Rüdersdorfer Gletscherschrammen sich für die Vergletscherung der Norddeutschen Tiefebene aussprach.
Die Besichtigung des Tiefbaus hat gelehrt, daß der Rüdersdorfer Muschelkalk eine Scholle bildet, die sich ungefähr 3 km lang von West nach Ost verfolgen läßt und von Süd nach Nord ein wenig aufgerichtet ist. Für diese Ansicht findet sich nun im Rüdersdorfer Tal unweit des Kessel-Sees ein schöner Beleg. Auf dem östlichen Hang, in der Ecke wo das Tal seinen Anfang nimmt, liegt eine Mergelgrube, deren Wand die ganze Böschung einnimmt. An der Nord-Süd gerichteten Längswand der Grube erkennt man das Fallen der Schichten • und an der kurzen West-Ost gerichteten Querwand das Streichen. Zu oberst an der Wand erscheinen noch die untersten Schichten des Kalksteins und darunter Bänke aus blauen, grauen und rötlichen Mergeln, zwischen denen auch schmale Streifen von Gips eingelagert sind. Die Schichten sind älter als der Muschelkalk und gehören zum Obersten Buntsandstein, dem sog. Röt.