Heft 
(1912) 20
Seite
302
Einzelbild herunterladen

302

* 9. (3. ordentl.) Versammlung des XX. Vereinsjahres.

brach den Hals. Seitdem ist es bei dem Stein nicht geheuer. Auch der gelehrte Afrikaforscher Georg Schweinfurth hat die Stadtstelle untersucht und spricht dabei seine Bewunderung vor dem üppigen, seltenen Pflanzeureichtum aus. Als neu für die Mark fand er benachbart die seltene, prächtige Lippenblume Melittis melissophyllum, Waldmelisse. Sie läßt sich als Würze zu einem Maitrank gut verwenden.

Die Stadtstelle ist immer noch schwer glücklicherweise, wird mancher ängstliche Naturfreund hinzufügen zu erreichen. Etwa sechs Kilometer südlich der Station Leuenberg, BerlinWriezener Bahn, oder von Bahnhof Stadt Strausberg etwa 9 Kilometer nördlich.

. Auf den 29. Juli hatte Herr Baurat Goecke mich zu einer Be­sichtigung der Stadtstelle eingeladen. Leider war ich verhindert. Einen Bericht wird Herr Goecke später veröffentlichen.

XVIII. Vom Picheiswerder, Kreis Ost-IIavelland, Amtsbezirk Spandau-Laud.

Da das allgemeine Interesse jetzt mehr denn jemals der idyllischen Havellande zugewendet worden ist, sei mir gestattet, aus dem Berliner Lokal-Anzeiger vom 8. v. M. den nachfolgenden orientierenden, von mir verfaßten Artikel zu reproduzieren.

Der Picheiswerder, zu Ost-Havelland gehörig, das anmutige Eiland, zu dem jetzt Tausende wallfahrten, um das Bühnenfestspiel mit anzusehen, das ein Streiflicht auf die Kämpfe des 12. Jahrhunderts wirft, als hier Heiden- und Christentum, Deutsche und Slaweu um die Oberherrschaft rangen, muß eine reiche Ur- und Vorgeschichte gehabt haben. Wenn Eberhard König, der Dichter des VolksschauspielsAlbrecht der Bär, darin auf den Wildstier und die groben Keiler hinweist, die sich in Sumpf und Röhricht wohlig wälzen, so hat er vollkommen recht. Denn als der Damm für die Stößenseebriicke geschüttet wurde, kamen mit dem mächtig emporquellenden Untergrund auch Gebeine vom Ur und Wisent, vom Elentier und Hirsch, vom Wildschwein, ja auch vom gleichzeitigen Menschen zum Vorschein, und es hätte für unsere Museen gewiß gar manches interessante Stück außerdem gerettet werden können, wenn der tückische, breiartige Boden überhaupt betretbar gewesen wäre.

Auf dem Picheiswerder gilt als Wahrzeichen heidnischer Vorzeit der sogen. Altar- oder Opferstein in der nahe dem Rackwitzschen Anwesen nach der Heerstraße führenden Schlucht. Es ist ein fast würfelförmiger Quarzitblock, auf den im Jahre 1880 die Aufmerksamkeit durch eine förmliche Weihnachtsfeier gelenkt wurde. Der Stein ist durch natürliche Krystallisation mit allerhand wurmförmigen Drusen durchsetzt, wie man das bei ähnlichen Gesteinen des Braunkohlentertiärs häufiger findet. Es sind auch Teile in alter Zeit abgeschlagen, weil man aus dergleichen Material feine Schleifsteine, vergleichbar dem Naxos-Schmirgel, fertigte und aus größeren Stücken Steinmulden, in denen Feuersteinäxte