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ungeschliffen und poliert wurden. Einige Löcher des Steins sind absichtlich erweitert, mehr läßt sich von diesem vermeintlichen Kultstein nicht sagen. Sehenswert ist er immerhin.
Am Südabhang des Pichelwerder, neben dem Festspielplatz und gegenüber Schildhorn, ist viele Jahre hindurch in altgermanischen Wohnstätten nachgegraben worden. Gefunden wurden mehrfach trichterförmige Wohngruben mit geborstenen Herdsteinen, Kohlen, Asche, Wildtierknochen (kenntlich an der härteren Knochenhaut), zwei Mahltröge aus Granit, in denen Korn zu Brotteig gequescht sein mag. Reste vieler sehr grober, mit Steingrus durchsetzter Töpferware von Kochgefäßen, dazu eine Menge von prismatischen Feuersteinmessern verschiedener Größe und eine ans einem Hirschgeweihende verfertigte Flöte, auf welcher sich noch Töne hervorbringen ließen. Alles jüngere Steinzeit; aber auch auf spätere Besiedelung in der Metallzeit bis in die ersten Jahrhunderte nach unserer Zeitrechnung deuten einzelne gut profilierte und ornamentierte Geschirreste, die sich in den öffentlichen Sammluugen befinden.
Ganz besonders lebendig waren aber bis in die letzten Jahrzehnte die Erinnerungen an die wendische Zeit mit ihren besonderen Sitten und Gewohnheiten. Ich erinnere mich von 1877 her noch sehr wohl des ältesten Hauses im angrenzenden Pichelsdorf, welches das Haus des Wendenkönigs genannt wurde. Es war strohgedeckt, die Windlatten liefen in die bekannten hornartigen Giebelverzierungen aus, und ein Schornstein fehlte. Der Rauch mochte hinausziehen, zum Eulenloch, oder wo er sonst Spalten fand, er trocknete das Getreide gut, hielt Ungeziefer ab, und das war die Hauptsache, die sonstigen Unbequemlichkeiten nahm selbst der alte Szupan, das wendische Dorfoberhaupt, als selbstverständlich mit in den Kauf. Jetzt ist dies Wendenhaus längst fort, und nur noch ein kleines, ganz freundlich anmutendes Strohdachhaus gemahnt an die friedliche, stille Zeit, bevor das entfestigte Spandau seine Fühler nach Pichelsdorf ausstreckte.
XIX. Aus Kloster Zinna. Herr Dr. W. Hoppe, Bibliothekar des Historischen Seminars an der Universität, macht uns auf eine Mitteilung von ihm in der Sitzung des Vereins für die Geschichte der Mark Brandenburg vom 10. Mai d. J. aufmerksam.
Herr Dr. Hoppe knüpfte an eine bisher unbekannte Urkunde des Konventes von Kloster Zinna (21. Oktober 1493) an, die von einei nui hier erwähnten Leinewebergilde in dem Dorfe, der jetzigen Stadt Luckenwalde, berichtet. Es wurde die Frage aufgeworfen, wie das Entstehen der Innung in dem Dorfe zu erklären sei, und duich kurzes Eingehen auf die Besitzpolitik des Klosters Zinna, dem Luckenwalde gehörte, zu beantworten gesucht. Die Versuche, die das Kloster machte, sich m den Besitz eines größeren Ortes zu setzen, der ein Emanzipieren von fremden gewerblichen Mittelpunkten gestattete, schlugen fehl. Da hat