Heft 
(1912) 20
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Elisabeth Lemke.

rühmten. Nach Hanse zurückgekehrt, versuchte auch Gemal Eddin, jenes Getränk herzustellen, und da er es so kräftigend und den Kopf erleichternd fand, nannte er eskakonö d. h.Stärke. Abd el Kader empfahl den belebenden Aufguß den Derwischen, die die Nachtwachen hatten. Aber damit begnügten sich die Derwische nicht; auch zu allen Tageszeiten tranken sie Kaffee. Es währte nicht lange, so war der Kaffeegenuß in Aden allgemein, und von dort verbreitete er sich in ganz Arabien; am Schlüsse des 15. Jahrhunderts hatte er Mekka erreicht. Den zu Anfang des 16. Jahrhunderts nach Mekka kommenden neuen Stadthalter des ägyptischen Sultans ärgerte es nicht wenig, in einem Winkel einer großen Moschee kaffeetrinkende Derwische zu finden, und es ward eine Ver­sammlung der angesehensten Männer der Stadt berufen, um über die Frelveltat ein entscheidendes Urteil zu gewinnen. Einer der Beratenden, der zur Erheiterung Aller behauptet hatte, daß der Kaffee gleich dem Weine berausche, ließ sich zu der Mitteilung wegreißen: er habe um solche Wirkung festzustellen abwechselnd Kaffee und Wein getrunken. Seine Freimütigkeit trug ihm dfe für das Vergehen des Weintrinkens gesetzlichen Stockprügel ein. Da die Versammelten über den Kaffee­genuß nicht einig werden konnten, ließ der Stadthalter (es soll i. J. 1511 gewesen sein) noch zwei persische Ärzte hinzuziehen. Diese erklärten den Kaffee für gesundheitsschädlich. Sogleich wurde der Verkauf unter­sagt, und alle Vorräte mußten verbrannt werden. (Welch ein starker Kaffeeduft wird Mekka durchzogen haben!) Das Verbot war erlassen, aber bald mußte es in Mekka wieder aufgehoben werden, denn der Sultau (Selim I.) in Kairo hatte ebenfalls Kunde vom Kaffee erhalten und sich an den veranstalteten Proben des Getränks sehr erlabt. Und seine Ärzte urteilten anders, als jene beiden Perser; sie fanden das Kaffeetrinken nicht nur unschädlich, sondern kräftigend und daher zu erlauben. Man irrt sich aber, wenn man annimmt, nun sei das letzte Wort gesprochen worden. Es erhob sich (etwa im Jahre 1525) ein neuer Sturm gegen die Kaffeebohnen; und ein sehr geschätzter Mufti stellte die Behauptung auf: wer Kaffee genösse, sei kein rechter Muselmann. Seine Anhänger eilten aus der Moschee zu den Kaffee­häusern, um alle Gefäße zu zerschlagen und die Gäste zu prügeln; und der Streit wurde so arg, daß abermals eine Versammlung von Ärzten und andern maßgebenden Personen stattfinden mußte. Jetzt erst ge­langte der Kaffee zu vollem Siege. x )

Der arabische Mufti Gemal Eddin hatte wie wir sahen auf einer Reise nach Persien den Kaffee kennen gelernt; und zwei persische Arzte w'urden nach Mekka gerufen, um ihre Meinung über die Schädlich­keit des Genusses abzugeben. Das könnte uns annehmen lassen, daß

x ) Vgl. B. Rumann, Nat.-Ztg. 29. Noy. 1896.